Treibstoff für einen festeren Glauben an die eigenen Werte und ein größeres Engagement für die eigene Gesellschaft

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Das Buch versammelt die besten der immer brandaktuellen, jedes Mal wieder überraschend direkten und wunderbar korrekten Artikel der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, einer mutigen und an den Geschehnissen ihres Landes sehr interessierten Frau, die entschieden für ihre Werte einstand und kämpfte – in einem Land, in dem das völlig vergeblich schien und gerade ob ihres gewaltsamen Todes noch immer scheint. Die Sammlung wurde teils noch von ihr, teils nach ihrer Ermordung von ihren Söhnen zusammengestellt. Statt einer dramatischen Aufarbeitung ihres Todes, die das in meinen Augen nicht besonders geglückte Cover womöglich vermuten lässt, stehen im Buch eigentlich ihr Mut, ihr Glaube an ihre Werte und ganz besonders ihr Werk im Mittelpunkt und sorgen für Gänsehautmomente. Der ansteckende Idealismus Caruana Galizias geht bereits von den ersten Seiten an von diesem Buch aus: schon das Vorwort Roberto Savianos, der selbst Reportagen über organisierte Wirtschaftskriminalität schreibt, schafft es, dem gewaltsamen Tod der Journalistin eine angemessene Bühne zu geben, gleichzeitig aber ungeheuer fesselnd die nötigen Hintergrundinformationen zum eigentlichen Schwerpunkt zu liefern: ihren Artikeln. Diese ungeheuer mutigen und durch ihre Brisanz und Nähe zum Leben sehr unterhaltsamen Texte wurden thematisch in Kategorien wie 'Finanzjournalismus', 'Knüller und Exlusivmeldungen' oder auch 'Die andere Daphne' sortiert und jeweils in einer durchaus ebenso unterhaltsamen Einleitung von ihren Söhnen zusammengefasst.

In Zeiten, in denen manche Menschen mit ihrem Glauben an einen funktionierenden Journalismus auch den an einen funktionierenden Staat zu verlieren beginnen, während Zeitungen, die tatsächlich aufwändige gute Recherchen bieten wollen, an Lesern und damit auch finanziellen Mitteln verlieren, ist ein solches Buch salopp gesagt wunderbar erfrischend, erinnert es doch daran, welch großer Einsatz hinter einem jeden Artikel steckt und dass jeder einzelne von uns gefragt ist, wenn sich in der Gesellschaft etwas zum Besseren wandeln soll. Ich kann Savianos Bemerkung zur größeren Bedeutung der Artikel Caruana Galizias daher nur wiederholen: Ihr Leben und ihre Artikel können und sollten eine Inspiration für so viele Menschen sein; dazu, an den eigenen Werten festzuhalten und sich für die Gesellschaft, in der sie leben, zu interessieren und einzusetzen.

So klar und deutlich wie Daphnes Beiträge das politische Geschehen Maltas durchleuchten, hätte mich als Leserin lediglich in größerer Ausführlichkeit interessiert, wie die journalistische Arbeit dieser rasenden Reporterin genau aussah, wie sie also an ihre Informationen kam. Denn mitunter fragte ich mich: Ist Malta einfach so klein, dass sowieso jeder um die Skandale weiß, sie aber niemand auszusprechen wagt oder hatte diese Frau einfach ein gigantisch gutes Netz an Informanten? Ein Ratgeber für angehende Journalisten mag das Buch nicht sein, die Inspiration dazu und Lust darauf, die Gesellschaft zu beeinflussen und zum Besseren zu verändern, die ja Treibstoff eines jeden guten Journalisten (und Idealisten) sind, lassen sich im Buch aber umso besser tanken.