Zwei Leichtmatrosen im wahrsten Sinn des Wortes

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ismaela Avatar

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Ganz ehrlich: ich habe mich mit diesem Buch echt schwer getan.

Zunächst einmal geht es in der ganzen Geschichte kaum um Musik. Zwar tauchen ab und an wie aus dem Nichts irgendwelche Personen auf, die irgendwie mit den Sailing Conductors Musik machen, aber in der Regel wird das in einem Satz abgehandelt und dann hört man nie wieder was davon. Es geht in der Hauptsache darum, wie man völlig ahnungslos mit Opas Geld ein Segelboot kauft und damit zur großen Fahrt aufbricht, die letztendlich drei Jahre dauert. Die Ankündigung im Klappentext, immer drei Wochen an Land und dann drei Wochen über das Meer, wird nicht einmal annähernd "eingehalten" - zumindest nicht in den Passagen, die beschrieben werden. Oft werden nämlich mehrere Monate "übersprungen". Klar, man muss aussortieren, aber die Sprünge sind mir einfach zu chaotisch.

Ich bin ja ein großer Fan von Reiseberichten aller Art, deshalb habe ich mich sehr aufs Lesen gefreut, aber leider wurde ich nie mit den zwei Hauptpersonen so richtig warm. Benjamin Schaschek, der die Segelidee hat, ist ein typisches Beispiel eines völlig chaotischen Studenten, der, nach 13 Jahren Schulbankdrücken plötzlich im "richtigen Leben" angekommen, nichts so richtig auf die Reihe bringt, einfach so in den Tag hineinlebt, und bei dem irgendwann halt doch das, was er mal angefangen hat, klappt oder zu einem Abschluss gebracht wird. Für die Segeltour reicht also ein Online-Segelkurs, die Funklizenz spart er sich gleich ganz, er denkt vorher nie darüber nach, welche Folgen sein Handeln haben könnten. Dass trotzdem alles gut geht und beide "Leichtmatrosen" wieder heil zu Hause angekommen sind, ist pures Glück. Alles läuft ständig semi-legal und wird-schon-irgendwie, ob es nun um die Labelgründung geht und dazu irgendwelche Diplomarbeiten heruntergeladen werden, anstatt einfach zu jemandem zu gehen, der sich tatsächlich damit auskennt und auch schon praktische Erfahrung damit gemacht hat, oder ob es um die Gewerbeanmeldung geht, bei der die Unterschriften einfach nur Kopien einer Originalunterschrift sind... Solche Details sind vielleicht ganz lustige Anekdötchen für später, aber in der Häufung in dieser Erzählung nerven sie irgendwann einfach nur ob ihrer Unprofessionalität.

Die Beschreibung des Segelabenteuers ist anfangs noch interessant und lustig beschrieben, aber irgendwann wiederholt sich nur noch alles. Es folgen seitenlange "Logbucheinträge", die immer und immer wieder das gleiche erzählen: Wind, kein Wind, Motor kaputt, Bier, Wellen, Bier, unruhiges Schlafen, wieviele Seemeilen, Bier, Bier usw. usf. Es ist wichtiger zu erzählen, wie man sich auf einem Segelboot ohne Toilette erleichtert oder wie gefährlich masturbieren sein kann, oder wo es welche Sorten Bier gibt. Musik? Weiterhin Fehlanzeige. Etwa in der Mitte meint der "Captain" etwas größenwahnsinnig, dass er, im Gegensatz zu Touristen (zu denen er sich natürlich nicht zählt), mit Musikern in Kontakt kommt und so Land, Leute und Mentalität besser kennenlernt, als "jeder Tourist das je könnte". Aber sonst? Dümpelt alles vor sich hin, um mal in der Sprache von Seefahrern zu bleiben.

Die Lieder auf der beiliegenden CD sind okay.