Ein toller Roman, aber kaum ein Krimi

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Das Buch fängt sehr vielversprechend und spannend an: Samson verliert den Vater, schlägt sich eine Weile durchs Leben und landet schließlich bei der Miliz. Ab dort stockt die Geschichte dann aber etwas, zumindest was den Krimi-Anteil angeht. Die Ermittlungen selbst beginnen so richtig erst nach der Hälfte, für einen Krimi ist das schon recht spät.

Überhaupt ist das Buch mehr Gesellschaftsstudie als Kriminalroman. Die Zeit kurz nach der russischen Revolution mit den harten Lebensbedingungen, der Korruption und dem Chaos beschreibt Kurkow sehr eindringlich. Es ist eine Zeit des Umbruchs, die von den Menschen viel fordert, Gewalt ist so alltäglich wie knappe Lebensmittel. Ich habe von Kurkow schon “Graue Bienen” gelesen und war davon sehr begeistert, auch in “Samson und Nadjeschda” gelingt es ihm wieder das harte und oft triste Leben der Menschen auf eine gut verdauliche Weise zu beschreiben. Und wieder liegt es wieder am Protagonisten: Samson hat eine sehr positive, manchmal sogar etwas einfältige, Art und versucht immer das Beste aus seiner Lage zu machen. Das macht die ganzen niederdrückenden Lebensumstände erträglicher.

Obwohl im Titel und Klappentext benannt, spiel Nadjeschda nur eine nebensächliche Rolle, an den Ermittlungen ist sie gar nicht beteiligt.

Es ist ein sehr ungewöhnlicher und definitiv kein typischer Krimi, der großartig geschrieben ist und viel über die damalige Zeit und die Menschen vermittelt. An manchen Stellen wird das Buch sogar etwas phantastisch: Samson hat sein abgeschnittenes Ohr aufbewahrt und schon bald entwickelt es ein Eigenleben und lässt ihn hören was im direkten Umfeld passiert, auch wenn Samson selbst gar nicht in der Nähe ist.

Fazit
Über die Wirren der russischen Revolution zu lesen ist sehr spannend, aber so ganz kann das Buch nicht halten, was das Cover verspricht: einen Kriminalroman. Es ist mehr ein historischer Roman mit kleineren Krimi-Elementen.