Kurkows Kiew Krimi

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eckenmann Avatar

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Diogenes- Bücher liegen mir besonders gut in der Hand und haben ein auf den ersten Blick eher schlichtes aber eindrucksvolles Cover. Auch beim Samson-Roman von Andrej Kurkow gefällt mir die Gestaltung der Spielkarte sowie das Uniformgrün der Hauptfigur auf hellem Untergrund.
Es weist darauf hin, dass es in diesem "Kriminalroman" geht auch ums Kochen und um die Liebe geht - und mein zweiter Blick fällt auf die Stelle, an der das rechte Ohr sein sollte.

Der Einstieg ist heftig, mit zwei Hieben gewaltig. Einer tötet seinen Vater, der zweite raubt Samson das rechte Ohr.
Im weiteren Verlauf der Handlung - im Kiew der ersten Zeit nach der Oktoberrevolution im (ehemals zaristischen) Russischen Reich vor mehr als hundert Jahren - spielen Gewalt, Not und Elend immer wieder durchgängig eine entscheidende Rolle in den Geschichten der Leute, denen Samson begegnet. Er selbst schlägt sich auch mehr recht als schlecht durch, bis er eine Anstellung bekommt und Nadjeschda kennenlernt.
Diese Erlebnisse werden sehr bildhaft und anschaulich beschrieben und dargestellt. Irgendwie ist es nicht nur ein Krimi sondern auch ein Zeitgeschichtsroman. Der Autor stellt nicht nur die tragischen und traurigen Seiten von Krieg und Nachkrieg sowie Bürgerkrieg dar, er zeigt auch komische Momente auf und macht immer wieder dieses für viele so karge und kümmerliche Leben übers deftige Kochen und Tee-Zeremonien schmackhaft. Die Figuren finde ich leibhaftig und lebendig und irgendwie auch liebenswert dargestellt, selbst die "bösen Buben" und finsteren Gestalten.
Jede/r in ist in ihrem Umfeld und im Miteinander mit anderen in der Gesellschaft gezeigt. Dazwischen sind es die Recherchen und Ermittlungen der Miliz, die den Lauf der Dinge in 43 kurzen Kapiteln auf etwas mehr als 360 Seiten kurzweilig und unterhaltsam halten. Im Ganzen gesehen las ich mit Vergnügen und finde den Samson-Roman sprachlich und stilistisch sehr ansprechend geschrieben. (Lediglich Nadjeschda erscheint mir im Titel deplaziert...)
Ich freue mich auf eine Fortsetzung.