Großartige Prosa!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
zeilenlang Avatar

Von

Was gibts zu sagen? Wie stille Beobachter umsegeln wir in Marta Orriols Roman die beiden Protagonisten, die bisher auf ihrer Insel aus Ungewissheit und Unentschlossenheit gegenüber der Gegenwart und Zukunft verharren und es sich in ihrer Bewegungslosigkeit recht gemütlich eingerichtet haben. Zwei Sätze bahnen dem Chaos aber den Weg: „Ich bin schwanger. Und ich will das Kind nicht bekommen.“ Von da an begleiten wir das Paar die nächsten sechs Tage mit einer fein nuancierten klaren Prosa durch seine intimsten Momente. Bei Daniel, der früh seinen Vater verloren hat, drängen plötzlich lang verloren geglaubte Erinnerungen ins Bewusstsein und er glaubt zu hoffen seinem Leben durch das „Problem“ vielleicht eine Richtung geben zu können. Auch Marta reflektiert immer und immer wieder ihre Situation, die Beziehung zu Daniel und ihren Beruf als Fotografin vor dem Hintergrund einer sich für sie unverhofft eröffnenden Möglichkeit aus ihren bisherigen prekären Beschäftigungsverhältnissen zu entkommen. Die beiden versuchen miteinander zu kommunizieren, finden aber nie die richtigen Worte, das auszudrücken was sie tief im Innersten umtreibt - „Irgendwann schwiegen sie, um nachzuspüren, welche Folgen die Beleidigungen haben würden.“ Nur wir als Leserschaft sind - wie die beiden Engel in Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“ - ganz nah und doch so fern dabei und durchleben das Gefühlschaos der beiden, in das Ordnung gebracht und aus dem heraus eine Entscheidung getroffen werden muss. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, die Sprache ist wunderbar klar, und am Ende will man die beiden doch noch so gern weiter begleiten. Kurzum ein wunderbares Buch!

Das Cover? Gibts nicht viel zu sagen. Klare Typografie. Die stoische Schwarz-Weiß Fotografie eines Paares durchbrochen von einem grellen, gelben Klecks - toll. Das Buch selbst liegt gut in der Hand und findet nach dem Lesen seine ursprüngliche Form wieder. Aber es gibt kein Lesebändchen. Das wiederum ist schade (Meckern auf hohem Niveau)