Tod oder Leben?

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emmmbeee Avatar

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Marta und Daniel, gut situiert und modern ausgerichtet, erwarten ein Kind. Zunächst stehen ihm beide ablehnend gegenüber, doch die Wartezeit bis zum Abtreibungstermin füllt sich mit allen möglichen Überlegungen und Wünschen. Daniel will seiner Partnerin die Entscheidung überlassen, sie aber in allem unterstützen. Dennoch fühlt er sich hilflos, und auch Marta kommt allein nicht gut zurecht.
Da sowohl die Protagonistin als auch die Autorin denselben Vornamen tragen, sind autobiografische Strecken sehr wahrscheinlich. Man muss die Situation vor einem Schwangerschaftsabbruch wohl schon einmal erlebt haben, um sich so gut hineinfühlen und sie beschreiben zu können. Jedenfalls geht es mir als Leserin sehr nahe, was da geschieht, nämlich zunächst ein Chaos der Gefühle vor der endgültigen Entscheidung und im Leben danach, so oder so. Schritt für Schritt wird auch der Leser mit dem Unvorhergesehenen konfrontiert und mit eingebunden. Sehr vielen steht vor dem Einstürzen ebenso wie vor einer neuen Zukunft. Denn Abtreibung oder neues Leben erwarten: Jetzt wird nichts mehr so sein, wie es bisher war.
Mir gefiel der Aufbau dieses Romans, gegliedert in zwei Teile, die zuerst Daniel, dann Marta beleuchten. In 23 Kapiteln erzählt Marta Orriols von wenigen Tagen in Schwangerschaftswoche 8 und 9. Die Abschnitte tragen teilweise sehr treffend Titel wie „Im Takt“ und „Aus dem Takt“. Ein gerade heute wieder sehr aktuelles Thema, das präzise seziert wird, aber mit Wärme und Anteilnahme. Die Sprache ist flüssig, leicht, farbig, der Stil wirkt stellenweise fast unbeteiligt-trocken.
Obwohl kaum neue Aspekte zur Abtreibungsentscheidung geboten werden, empfehle ich den Roman allen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen.