Ein Reiseführer zwischen Zeilen

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gaensebluemche Avatar

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Ich bin begeistert von diesem Buch, von der ersten bis zur letzten Seite. Es hat alles, was ein gutes Buch benötigt: Tiefe, Weite und die Möglichkeit, sich das Gelesene bildlich vorzustellen. Dabei ist Weite besonders passend, denn in diesem Buch geht es vornehmlich um den Blick aus dem Fenster in die Welt und damit auch weit über den Tellerrand hinaus.

„Schauplätze der Weltliteratur“ ist kein Roman, es ist eine Vielzahl von Romanen. Der Leser erfährt eine literarische Welt voll bekannter und auch unbekannter Titel, lernt die Autoren kennen und vor allem das Setting, das Land hinter der Geschichte. Was hat den Autor oder die Autorin bewegt, sein oder ihr Werk genau so zu verfassen? Welche Einflüsse von Land, Menschen, Herkunft und Gefühl haben sich in den Zeilen für die Nachwelt bewahrt? Es ist äußerst spannend und aufschlussreich, dies als Leser zu erfahren. Man wird mitgenommen auf eine Weltreise, mit einem Finger auf der Landkarte, mit dem anderen auf der Buchzeile. Dies schafft einen völlig neuen Zugang. Jeder hat eine Vorstellung von Paris oder von Amerika – ob zutreffend oder nicht. Aber was war die Vorstellung der Autoren, ihre Bücher so zu schreiben oder an diesen bestimmten Ort zu setzen? Der Leser erhält hier einen einzigartigen Einblick in die Werkschaffung und nicht nur in das fertige Produkt.

Das Buch an sich ist reich bebildert und strotzt nur so von Fotografien, Landkarten und zeitgenössischen Gemälden. Damit lockert sich der Sachtext, der seinerseits von Buchzitaten oder biografischen Angaben zu den Autoren durchbrochen ist, nochmals auf. Es macht Spaß, sich von Kapitel zu Kapitel in eine neue Themenwelt und Umgebung zu vertiefen, die man bislang nur aus Zeilen kannte. Die Herausgeber haben zielsicher und authentisch diejenigen Werke der Weltliteratur herausgegriffen, bei denen sich die Diversität von Ort und Geschichte besonders gut widerspiegelt.

Manche Geschichten, insbesondere die Klassiker, lernt man als Leser noch mal neu kennen, manche entdeckt man zum ersten Mal. Gerade neuzeitliche Werke wie „Schiffsmeldungen“ oder fernöstliche Autoren machen Lust darauf, in Buchhandlungen gezielt nach Büchern zu suchen, die diese landschaftliche Perspektive bieten. Denn ein Buch ist auch immer die Quintessenz aus den Umständen, in denen es geschaffen wurde – räumlich, gesellschaftlich, emotional, menschlich.

Mich hat besonders überzeugt, dass die Autoren, die in dieses Buch aufgenommen wurden, eine mir bislang unbekannte Nahbarkeit erhalten haben, völlig abseits von reinen Biografien oder klassischen Sachbüchern. Dieses Buch lässt den Leser eindrucksvoll erfahren, wie die Autoren zu ihrer Geschichte gelangt sind. Es inspiriert hoffentlich viele Leser dazu, ein Buch zu lesen und dann weiterzureisen, in dem Buch, mit dem Buch und aus dem Buch heraus.

Fazit:

Ein gutes Buch ist die Summe seiner Teile und noch viel mehr, denn der Autor filtert durch sein Schreiben seine inneren und äußeren Erlebnisse. Lasst uns diesen Effekt umdrehen und zu den Ursprüngen reisen – denn Geschichten finden sich überall.