Schicksal oder Bestimmung?

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kimvi Avatar

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Sergio macht seinen Job mittlerweile seit über 257 000 Jahren und im Verlauf der Zeit ist er nicht einfacher geworden. Denn Sergio ist das Schicksal und ständig damit beschäftigt Menschen ein Schicksal zuzuteilen und sie auf ihren vorgesehenen Lebenspfad zu setzen. Die Weltbevölkerung ist rasant gestiegen und noch dazu machen es ihm seine Klienten nicht gerade leicht. Sie treffen oft Fehlentscheidungen, die sich negativ auf ihren weiteren Lebenweg auswirken und ihnen im schlimmsten Fall zu einer verfrühten Bekanntschaft mit seinem Kollegen Teddy, dem Tod, verhelfen. Sergios Erfolgsquote sieht deshalb nicht besonders rosig aus und langsam hat er seinen Job echt satt. Selbst seinem Vorgesetzten Jerry, besser bekannt als Gott, ist seine fehlende Motivation bereits aufgefallen. Er zitiert ihn in sein Büro und fordert ihn auf, seine Arbeit künftig besser zu machen.

Doch dann trifft Sergio auf die sterbliche Sara. Ihr Schicksal kann er nicht sehen, da sie auf dem Pfad der Bestimmung wandelt und deshalb in den Arbeitsbereich seiner Kollegin fällt. Nach all den langen Jahren seines unsterblichen Daseins passiert das Unfassbare: Sergio verliebt sich in Sara. Damit verstößt er zwar gegen das oberste Gebot von Jerry, sich nie auf eine Beziehung mit einem Menschen einzulassen, doch Sergio hofft darauf, dass der Allmächtige sicher wichtigere Dinge zu erledigen hat und nichts von seinem Regelverstoß mitbekommt. Doch in Sergios Kollegenkreis, zu dem u.a. auch Faulheit, Ehrlichkeit, Völlerei und Tratsch gehören, lässt sich die Beziehung nicht lange verheimlichen. Und als Sergio auch noch damit beginnt, übrigens ebenfalls streng verboten, die Schicksale der Menschen aktiv durch sein Eingreifen zu beeinflussen, nimmt das Schicksal auch für Schicksal Sergio seinen Lauf....


**Meine Meinung**


Diese schicksalhafte Begebenheit wird in der Ich-Form, aus der Sicht des Schicksals Sergio, erzählt. Sergio hat eine umfassende Sicht auf die Dinge, die sich natürlich durch seine langjährige Berufspraxis erklärt. Langsam führt er den Leser in die Gepflogenheiten der übernatürlichen Welt ein und spart dabei nicht an trockenem Humor und einer gehörigen Prise Selbstironie. Wenn man sich nicht daran stört, dass das Buch ein biblisches Thema auf die Schippe nimmt, kann man sich entspannt zurücklehnen und Sergios Schilderungen folgen. Denn er erzählt seine Geschichte so lebendig, dass man schon fast das Gefühl hat, ihm direkt zuzuhören.

Schon nach den ersten Seiten kann man verstehen, dass Sergio seinen Job gelegentlich satt hat. Denn die Menschen machen es ihm nicht gerade leicht und das Arbeitspensum steigt stetig. Dazu kommt noch, dass Sergio nicht gerade beliebt bei seinen Klienten ist, denn gerne wird er für die Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht, die sie selbst getroffen haben. Kein Wunder, dass er frustriert ist und sich sehnsüchtig die Jobs seiner Kollegen Glück oder Bestimmung wünscht. Denn die haben es geradezu leicht und werden von ihren Menschen geliebt. Der Autor schafft es mühelos, und ohne den erhobenen Zeigefinger zu verwenden, ganz alltägliche Situationen in die Handlung einzuflechten, in denen man sich selbst wiedererkennt und dabei ertappt, dass man sein eigenes Schicksal wahrscheinlich auch manchmal an den Rande der Verzweiflung treibt.

Mit einem Augenzwinkern beschreibt Sergio die Wesenszüge und Besonderheiten seiner Kollegen. Denn wer hätte gedacht, dass das Glück unter dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom leidet, Völlerei an Laktoseintoleranz, Misserfolg manisch-depressiv ist, und dass der Tod Angst vor Leichen hat? Wer sich auf diese Art von Humor einlassen kann, wird sich häufig bei einem unverhofften Schmunzeln oder gar lauten Lachen erwischen. Der lockere und humorvolle Schreibstil führt dazu, dass sich Sergios Erzählung, bis auf wenige Längen im Mittelteil, quasi von alleine liest und dass man sich mit Riesenschritten dem Ende nähert. Ob es hier ein Happy-End für Sergio und seine große Liebe gibt, wird natürlich nicht verraten. Doch der Autor kann hier mit einer unerwarteten Wendung punkten.

**Mein Fazit**

Obwohl das Buch sicher keine besonders anspruchsvolle Lektüre ist, habe ich mich beim Lesen sehr gut unterhalten. Ich habe mich oft dabei erwischt, dass ich völlig unverhofft schmunzeln musste und bin der lockeren Erzählung des Schicksals gerne gefolgt. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala bekommt das Buch vier begeisterte Sternchen von mir. Den einen ziehe ich ab, da es im Mittelteil durchaus einige Längen gibt. Das überraschende Ende konnte mich dafür allerdings entschädigen. Um das Buch richtig zu genießen, darf man sich nicht daran stören, dass auch biblische Themen mit einem Augenzwinkern betrachtet und auf die Schippe genommen werden.