Schicksalsgöttinnen

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bücherkarin Avatar

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Mit diesem e-book hat Simone Walleck ein interessantes Experiment gewagt, das ihr sehr gut gelungen ist. Der Leser - oder wohl zumeist die Leserin trifft für die Protagonistin die Entscheidung - und entsprechend entwickelt sich die Geschichte weiter. Das Besondere: es sind die Geschichten von drei Frauen, die Freundinnen sind oder sich zumindest gut kennen, die an verschiedenen Stellen zusammentreffen und sich auch gegenseitig beeinflussen.

Es wird einmal die Geschichte Barbaras erzählt, um die 45, verheiratet, 2 Kinder, kreativ, sie verkauft in einem kleinen Laden selbst gefertigten Schmuck. Trotz des eigentlich glücklich erscheinenden Familienlebens fühlt sie sich total eingeeengt und sehnt sich nach der Freiheit ihrer Jugend zurück. Verstärkt wird dieses Gefühl durch E-Mails, mit denen sich plötzlich nach vielen Jahren ihr ehemaliger Liebhaber Curd meldet mit dem sie so glücklich und unbeschwert war.
Dann die Geschichte der wunderschönen Mira, Mitte 30, erfolgreiche Immobilienmaklerin, die gerade die Scheidung von einem Mann , der sie geschlagen und gedemütigt hat, hinter sich gebracht hat. Und die überlegt, alles hinter sich zu lassen und in Italien, wo ihr Vater noch lebt, nochmal ganz neu zu beginnen. Aber da tritt plötzlich Mr. Charmant in ihr Leben.
Emma ist 25, Architekturstudentin, die nebenbei noch in der Sky-Bar und in einem Schokoladenladen arbeitet, wo auch die anderen beiden öfter verkehren. Außerdem war sie früher bei Barbaras Kindern Babysitter. Emma ist der romantische Typ und so ist sie auch ganz begeistert von Alexanders tollen Heiratsantrag, obwohl dieser sie schon oft enttäuscht und belogen hat. Die lügen gehen weiter, auch wenn er immer wieder Besserung gelobt. Auch in Emmas Leben tritt just zu diesem Zeitpunkt ein anderer junger Mann.

Bereits beim Lesen der LP hatte ich entschieden, Barbaras Geschichte zuerst zu lesen, mit ihr konnte ich mich am besten identifizieren. Aus Interesse habe ich den Psychotest trotzdem gemacht, aber das Ergebnis blieb eindeutig - Barbara. Und so las ich mich zielstrebig vom Abschnitt 1 über 4 und 10 bis zum Happy end mit Curd in der 25. Natürlich plagte mich dann die Neugier, was geworden wäre, wenn Barbara und ich uns anders entschieden hätten. ........ und so las ich auch noch die anderen Möglichkeiten.
Interessant dabei, dass es auch bei anderen Entscheidungen Barbaras in gewissen Situationen noch zu einem happy end mit Curd kommt. Ein happy end mit Michael und damit den Erhalt der Familie gibt es, wenn beide das aus tiefstem Herzen wollen und ihre Liebe füreinander neu entdecken. Wenn Barbara aber zögerlich, zwar vorgibt, es mit Michael noch einmal versuchen zu wollen, aber im tiefsten Innern davon nicht überzeugt ist, wird dem mit einem erschütternden Ereignis ein Ende gesetzt.

Genau nach diesem Muster sind auch die Geschichten der beiden anderen Frauen aufgebaut, so dass, was bei Barbara noch interessant war, bei Mira vorhersehbar wird und bei Emma dann nur noch langweilig ist. - Vielleicht sollte man nicht alle sondern tatsächlich nur "seine" Geschichte lesen.

An einer Stelle des Klappentextes las ich, dass Simone Walleck (Jg 86!) schreibt, weil sie Geschichten von großen Gefühlen, Leidenschaft und dem Wahnsinn des Lebens mit ihrer Fantasie gern in Romane verwandelt. Und das kann sie durchaus, sie schreibt leicht und flüssig, und behält auch bei den verschiedensten Entscheidungsmöglichkeiten immer den Überblick. Der Roman enthält auch einige kluge Überlegungen und Lebensweisheiten, besonders in den E-Mails von Curd und bei den Gedanken, die Mira sich macht. Die autorin hat auch die Gabe, erotische Szenen sehr ausführlich und lebendig zu beschreiben ohne das es anstößig wirkt.

ABER: Bad Lipplich scheint eine Stadt der Reichen und Schönen zu sein. Alle drei Frauen sind gesund, gutaussehend, haben keine finanziellen Probleme (die sie umwerbenden Männer ebenso) Was wollen sie denn noch ?! "Jammern auf hohem Niveau" deutet es Emma mal an.
Auch reiche und hübsche Frauen, die sonst keine anderen Probleme haben, wollen ein ausgefülltes Leben. Sie wollen gebraucht und begehrt und ständig neu umworben sein, sich mit dem Alltag nicht abfinden. Das will die Autorin uns sicher nahebringen, läuft aber dabei Gefahr, dass ihr Roman als seicht und kitschig abgestempelt werden könnte.