Das Geheimnis der Schlüssel

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Schüssel 17, Thriller von Marc Raabe, 512 Seiten, erschienen im Ullstein-Verlag.
Auftaktband zu einer Thriller-Reihe um den Ermittler Tom Babylon.
Im Berliner Dom wird die grotesk zur Schau gestellte Leiche der prominenten Dompfarrerin Dr. Brigitte Riss aufgefunden. Um ihren Hals hängt ein Schlüssel mit der darin eingeritzten Zahl 17. Tom Babylon vom LKA erkennt diesen Schlüssel, es ist der Schlüssel, den er zusammen mit seinen Freunden, vor etlichen Jahren bei einer Leiche im Fluss entdeckt hat. Zusammen mit diesem Schlüssel verschwand auch Toms Schwester Viola, die er immer noch verzweifelt sucht. Ihm zur Seite wird die Psychologin Sita Johanns gestellt, können die beiden das Rätsel um Schlüssel 17 lösen?
Das Buch ist in zwei Zeitebenen und zwei Erzählstränge aufgeteilt. Zum einen die Geschehnisse in der Gegenwart verfasst im auktorialen Erzählstil, zum anderen die Ereignisse 1998, aus der Jugendzeit der Charaktere, geschrieben aus der Sicht Babylons. Die verschiedenen Stränge sind sehr leicht auseinanderzuhalten, denn jedes Kapitel hat als Orientierungshilfe eine genaue Orts-, Datums- und Zeitangabe. Fremdländische Phrasen, Gedanken und Toms Zwiegespräche mit Vi sind kursiv gedruckt. Dadurch konnte ich mich im Plot gut zurechtfinden. Raabe erzählt seine Geschichte atmosphärisch dicht, Spannung ist vom Beginn an durchgehend vorhanden.
Zwei Drittel des Thrillers haben mich unglaublich gefesselt. Bis dahin konnte ich dem Geschehen im vollen Umfang folgen, auch die Charaktere handelten meist authentisch und nachvollziehbar. Einzig das Verhalten von Babylon am Tatort im Dom war höchst dilettantisch. Unglaublich, wie dumm er wichtige Spuren zerstört. Mit dem Protagonisten konnte ich überhaupt nicht warm werden, er nimmt ständig Medikamente, handelt unprofessionell und sieht und hört seine verschwundene Schwester mit der er ständig Zwiegespräche führt. Gefallen haben mir Sita, diese Figur ist interessant und hat Potenzial. Und auch Bene, Toms Jugendfreund, der Clubbesitzer, der als Teenager schon sehr viel Mut bewiesen hat. Die letzten 100 Seiten waren für mich sehr schwer zu lesen, immer wieder musste ich zurückblättern weil ich den Zusammenhang nicht nachvollziehen konnte, was mich im Lesefluss sehr gestört hat. Am Ende liefen zu viele Fäden ins Leere, zu viele Fragen blieben offen. Natürlich wurde hier schon die Voraussetzung für weitere Bände geschaffen. Für mich ist dieser erste Fall von Sita und Tom aber irgendwie nicht abgeschlossen. Die offene Frage nach dem Schicksal von Viola hätte für mich als „roter Faden“ für weitere Bände vollauf genügt. Raabe lässt den Protagonisten auf Seite 489 sagen: „Es war ein verdammtes Chaos.“ Auch ich habe den finalen Showdown im Dom so empfunden. Den Zusammenhang von Morton, dessen Vater und dem vorliegenden Fall, habe ich ehrlich gesagt, auch nicht so ganz verstanden.
Da ich den Thriller 400 Seiten lang wirklich spannend und fesselnd fand und nur die Lösung etwas „unglücklich“ konstruiert wurde, könnte ich mir vorstellen Tom Babylon auch bei einem weiteren Fall zu begleiten. Gutgemeinte 4 von 5 Sternen.