Was geschah im Sturm im winterlichen Hochland?

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Eine kleine Wandergruppe wird im winterlichen Hochland Islands vermisst. Der Suchtrupp entdeckt Spuren, die allerdings keinen Sinn ergeben. Gleichzeitig bemerkt Ingenieur Hjörvar, der Neue in der abgelegenen Radarstation, unheimliche Dinge, wenn er alleine in der Station ist. Sein Vorgänger ist durchgedreht – blüht ihm vielleicht das gleiche?

So fand ich’s:

Ich mag die “Children’s House”-Serie von Yrsa Sigurðardóttir sehr und war gespannt, ob sie mich auch außerhalb dieser Serie überzeugen kann.

Zu meiner Freude glänzt sie auch in diesem Buch mit einem präzisen Blick auf die Menschen, ehrlich und entlarvend, aber doch nicht zynisch. Daraus entwickelt sich ein Lesesog, der das Buch auch ohne aufregende Actionszenen interessant macht. Der Erzählton ist gewohnt eher ruhig und im Gegensatz zur “Children’s House”-Serie finden sich in “Schnee” einige Mystery-Aspekte, die ich nicht erwartet habe, die ich nicht gebracht hätte, die mich aber auch nicht störten.

Erzählt wird aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen folgen wir Johanna, die dem Rettungstrupp angehört. Der zweite Handlungsstrang dreht sich um den Wissenschaftler Hjörvar, der in einer einsam gelegenen Radarstation die Stellung hält und zunehmen seinem Verstand nicht mehr traut. Und zuletzt springen wir immer wieder ein paar Tage in der Zeit zurück und begleiten die Wanderertruppe, die später als vermisst gilt. Wir erfahren nicht nur, was in der Radarstation und im verschneiten und stürmischen Hochland passiert, sondern der Bogen wird etwas größer geschlagen und schließt auch das Privatleben, die Vergangenheit und Gegenwart einiger Personen mit ein. Dabei gibt es immer wieder überraschende Überschneidungen, die besonders zum Ende hin an Bedeutung gewinnen.

Diese Konstellation hat mir richtig gut gefallen und bescherte mir so einige Aha-Erlebnisse. Noch besser hätte es mir gefallen, wenn es etwas weniger, dafür aber bedeutungsvollere und nicht so zufällig wirkende Überlappungen gegeben hätte. Das wirkte nicht immer natürlich, sondern manchmal etwas konstruiert.

Die Stimmung des Buches ist düster, gruselig und man schaut den Menschen ganz tief in die Seele, wo sich mehr als einmal Abgründe finden. Ich liebe Yrsa Sigurðardóttirs Erzählkunst und hatte viel Lesevergnügen der subtilen Art. Wer atmosphärische Lektüre für nebelverhangene, kühle und unheimliche Herbst- und Winterabende sucht, darf getrost nach “Schnee” greifen!