Ein Dorf und seine Geheimnisse

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elchi130 Avatar

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Es ist Kehr in Altenhain als zwei Mädchen spurlos verschwinden, der 20-jährige Tobias, hatte zu viel getrunken und einen Filmriss. Da alle Indizien auf ihn weisen, wird er zu 10 Jahren Gefängnis wegen Totschlags und Mord verurteilt. Als er 2008 entlassen wird, geht er in sein Heimatdorf zurück. Die Existenz seiner Eltern ist zerstört, er ist im Dorf unerwünscht, es gibt nur wenige Menschen, die zu ihm halten. Und dann geschieht das Unfassbare. Nach einem feuchtfröhlichen Abend mit alten Freunden hat er erneut einen Filmriss und wieder ist ein Mädchen verschwunden. Erneut weisen die Indizien auf ihn…

Ich war skeptisch, als ich den Klappentext des Buches gelesen habe. Ein Dorf veranstaltet eine Hexenjagd auf einen vermeintlichen Mädchenmörder. Ob das wirklich Lesestoff für mich ist? Meistens kommt bei mir nur die Wut hoch, ob der Intoleranz und Verbohrtheit der Dorfbewohner. Doch nicht bei Nele Neuhaus. Ihr Erzählstil ist weit entfernt von einer sturen Schwarz-Weiß-Malerei. Sie präsentiert uns hier eine dichte Erzählweise, die viele Zwischentöne kennt. Es gibt auf den ersten Blick kein einfaches Gut und Böse. Das Buch ist reich an Details und miteinander verwobenen Geschichten, sodass ich schnell von dem Krimi gefangen war. Die Autorin schafft es, die Fülle der Informationen, Intrigen und Geschehnisse so in den Roman zu packen, dass ich als Leser trotzdem an keiner Stelle den Eindruck habe, dass es jetzt reicht oder dass sie übertreibt. Ich kann leider nicht genau benennen, durch welchen Kunstgriff ihr dies gelingt, doch mich hat sie von ihrem Können überzeugt – mehr als viele andere Autoren. Bei Krimis erscheint mir fast immer das Ende willentlich in die Länge gezogen. Hier habe ich es als stimmig empfunden, weil die Autorin noch genügend Neues mitzuteilen hat und mir nicht eine Minute langweilig geworden ist.

Gelungen finde ich zudem die Personenbeschreibungen. Als Beispiel möchte ich hier das Verhalten von Oliver von Bodenstein nennen. Er ertappt seine Frau beim Lügen, doch statt sich der Situation zu stellen, ist tagelang nichts mit ihm anzufangen. Er steht völlig neben sich, fängt an, seine Frau zu kontrollieren, geht jedoch nicht in den Konflikt und klärt die Situation mit ihr, sondern weicht der Klärung aus. Das erscheint mir sehr männlich. Ich möchte ihn einfach nur schütteln.

Ein Krimi, der sich zu lesen lohnt und der auch ohne die anderen Bände der Reihe verständlich ist.