Schneewittchens Rache

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mia-w Avatar

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Bisher habe ich immer einen großen Bogen um Nele Neuhaus-Krimis gemacht - aus einem recht profanen Grund: Mir gefällt ihre Schreibe nicht. Sätze wie "Gekonnt manövrierte sie den wuchtigen Wagen aus der Parklücke" braucht die Welt nun wirklich nicht. Dabei blieb es dann auch, bis ich zu Weihnachten "Schneewittchen muss sterben" geschenkt bekam. Nun gut, ich könnte ja zumindest mal reinschauen...

Drei Tage später habe ich den 535 Seiten starken Wälzer nicht nur gelesen, sondern regelrecht verschlungen. Denn abgesehen von einer gewissen Schwäche für schlimme Formulierungen versteht Frau Neuhaus ihr Handwerk wirklich gut und hat mit dem Ermittlerduo Kirchhoff/von Bodenstein zwei sympatische Kommissare erschaffen, die den Leser gekonnt (!) und mit viel Verve und persönlicher HIngabe durch einen unübersichtlichen Fall lotsen.

Ein paar Worte zur Handlung: Nachdem Tobias nach 10-jähriger Haftstrafe wegen Mordes an seiner aktuellen und seiner Ex-Freundin wieder in sein Heimatdorf kommt, scheint sich die Geschichte zu wiederholen: Ein Mädchen verschwindet spurlos, Tobias gerät unter Verdacht. Neben dieser schnell erzählten Haupthandlung lässt Nele Neuhaus noch einen ganzen Strauß an weiteren Handlungssträngen entstehen, die alle mit Tobias, dem kleinen Heimatdorf und jahrelang totgeschwiegenen Geheimnissen zusammenhängen. Die Länge des Buches erklärt sich dann auch mit der Fülle an Handlung, die der Geschichte immer wieder unerwartete Wendungen geben und den Leser tatsächlich bis zum Schluss bei der Stange halten.

Alles in allem also ein Krimi, wie er sein sollte und genau nach meinem Geschmack. Über Frau Neuhaus' gelegentliche sprachliche Fehltritte schaue ich unter diesen Umständen einfach mal gnädig hinweg und überlege schon, weitere Teile der Reihe um die beiden Ermittler zu lesen.