Sehr spannend!

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pmelittam Avatar

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10 Jahre war Tobias Sartorius im Gefängnis, weil er nach Meinung des Gerichtes zwei Mädchen umgebracht hat. Das Urteil basierte auf Indizien, Tobias konnte sich nicht erinnern. Jetzt ist er entlassen worden und kehrt heim in seinen Heimatort im Taunus, wo er feststellt, dass durch seine Verurteilung auch die Existenz seiner Eltern zerstört wurde. Außerdem will man ihn im Dorf nicht haben, er wird gemobbt und zusammengeschlagen. Und dann verschwindet wieder ein Mädchen – und Tobias kann sich wieder nicht erinnern.

Bisher hatte ich noch kein Buch von Nele Neuhaus gelesen, deshalb waren mir ihre Ermittler auch noch fremd. Neben dem Fall spielen diese eine relativ große Rolle, denn sie und ihr Privatleben kommen auch zum Zug. Man lernt sie also recht gut kennen. Der bisherige private Hintergrund hat mir allerdings nicht gefehlt, auch ohne Vorkenntnisse versteht man, worum es hier geht und die Ermittler, vor allem die Hauptermittler Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein kommen einem recht nahe. Letzterer hat sehr ausgeprägte private Probleme, die auch die Ermittlungen beeinträchtigen, außerdem gibt es Probleme mit zwei weiteren Ermittlern, die der Lösung des Falles auch nicht gut tun. Das macht die Geschichte zusätzlich spannend – und verlängert den Lesegenuss.

Die Charakterzeichnungen aller hier handelnden Personen – und das sind nicht wenige, sind sehr gut ausgearbeitet. Mir persönlich gefällt vor allem Tobias, mutig und verzweifelt. Auch das Mädchen Amelie fand ich großartig, sie hat hier eine enorme Wandlung erfahren ebenso wie der Autist Thies,die beide bedeutende Rollen inne haben. Und auch Tobias Heimatdorf hatte einen ganz eigenen Charakter, der einem allerdings eher Angst machen kann. Gott sei Dank sind nicht alle Dörfer so.

Die Geschichte ist ziemlich bedrückend und stellt sehr gut dar, was mit Familien passiert, die in Gewalttaten verwickelt werden – und zwar auf beiden Seiten, auf der des Täters und auf der der Opfer. Sie zeigt aber auch Hoffnung, denn einer der betroffenen Familien ist es besser gelungen, das Geschehen zu verkraften und auch Tobias findet Menschen, die ihn nicht nur als eiskalten Killer sehen (der er vielleicht ja auch gar nicht ist, denn Zweifel daran gibt es von Anfang an).

Die Handlung ist stark verschachtelt, es gibt viele Nebenstränge und ebenso viele unerwartete Wendungen, aber auch Irrwege. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt (was ich persönlich besonders gern mag). Trotzdem hat man als Leser nie das Gefühl den Faden zu verlieren. Hin und wieder dachte ich, was wohl alles noch kommen würde, denn einige Enden schienen erreicht und dennoch konnte mich die Geschichte immer wieder neu überraschen und war an keiner Stelle langweilig. Gegen Ende gibt es ein, zwei Wendungen, die meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig waren (Testament!), die aber den sehr guten Eindruck nicht beeinträchtigen können. Am Ende sind alle Fäden miteinander verknüpft, alle Lösungen zufriedenstellend dargeboten, mögliche Happy Ends aufgezeigt (auch für die beiden Hauptermittler) und ein sehr spannendes Buch hat ein sehr befriedigendes Ende erfahren.

Dieses Buch kann ich wirklich jedem empfehlen, der gerne (dicke) Kriminalromane liest. Es ist ungeheuer spannend und gleichzeitig sehr berührend. Für mich war es mein bisheriges Lesehighlight in diesem Jahr und sicher nicht mein letztes Buch von Nele Neuhaus.