Ein langweiliger Spaziergang

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badwolf Avatar

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Die Handlung beginnt in einer Suite der Privatklinik »Le Retrait« vor den Toren der lieblichen Stadt Genf. Denn dort liegt Millivina von Runkle, eine große Dame der Zürcher Gesellschaft, im sterben. Grund ihres Ablebens, bei dem letztem Facelift hatten sich Komplikationen eingestellt - eine Thrombose (Antithrombosestrümpfe hat die Patientin aufgrund des Aussehens strikt verweigert), verbunden mit einer Infektion der Lunge und einer Verletzung der Gesichtsnerven. Vermutlich wären jene Komplikationen bei jeder anderen Operation ebenfalls aufgetreten, denn Millivina ist nicht mehr die jüngste und leidet seit Jahren an Rheumatismus und Arthritis. Abgesehen davon hat sie sich im laufe ihres Lebens immer wieder zahlreichen Prozeduren hingegeben um der Schönheit und dem jugendlichen Aussehen auf die Sprünge zu helfen. Das perfekte Aussehen – nichts anderes zählt, denn es gibt einen Leitspruch - Man kann niemals zu reich sein und niemals zu dünn. Niemals. Deshalb macht sich Millivina auch über eine Glukose-Infusion Sorgen anstatt ihres baldigen Ablebens. Davon wird man doch wohl nicht fett? So liegt sie also prunkvoll gekleidet und nahezu perfekt geschminkt in ihrer Suite der Privatklinik und wird wohl bald den letzten Atemzug von sich geben. Vorher jedoch, verrät sie dem Schriftsteller Oskar, dass ihre Tochter Mildred adoptiert sei. Doch das dürfte aber unter keinen Umständen jemand erfahren. Zufällig ist Oskar der beste Freund von Viktor, welcher der Ehemann von Mildred ist. Die Ehe von Viktor und Mildred ist nicht die Beste, denn Mildred ist eine sehr komlipzierte und auf sich bezogene Frau. Auf die Bedürfnisse ihres Mann geht sie so gar nicht ein. Trotzdem möchte Viktor seine Ehe retten, hat dafür aber leider auch keine Zeit und darum bittet er seinen besten Freund Oskar für ihn eine Therapie zu machen. Oskar lässt sich darauf ein und macht einen Termin bei einem Psychiater. Doch was Anfang recht gut funktioniert, wird in einer Katastrophe enden.

Der Anfang des Buches hat mir sehr gut gefallen. Der schwarze Humor hat genau meinen Nerv getroffen und ich musste, trotz des makaberen Ableben einer Person, ziemlich oft schmunzeln. Auch der Schreibstil hat mir bis dahin recht gut gefallen. Was sehr oft nicht leicht erschien, denn der Autor hat einen relativ überzogenen und hochgestochenen Schreibstil. Der Mittelteil, also die Therapie die Oskar beginnt, ist mühsam zu lesen und relativ langweilig. Denn es passiert rein gar nichts. Auch von der anfänglichen Satire ist hier kaum noch etwas zu lesen. Irgendwann wird dem Leser sogar noch ein Vortrag über die Kreativität in der Psychologie vorgesetzt. Es las sich alles gleich, selbst die Dialoge der im Buch vorkommenden Personen konnte man gar nicht mehr auseinander halten. So quält man sich also von Seite zu Seite und hofft auf ein baldiges Ende des Buches, oder auf eine Handlung die endlich mal wieder zum anfänglichen Schreibstil zurückkehrt. Man hofft vergebens. Was man allerdings serviert bekommt sind hochgestochene und schwer zu verstehende Worte, da sie einfach gar nicht im alltäglichen Sprachgebrauch eines Ottonormalverbrauchers vorkommen oder Fachbegriffe aus der Psychologie, deren Bedeutung selbst ein Psychologe vermutlich erst mal nachschlagen muss. Die englischen Phrasen die manche Personen um Buch von sich geben, setzen dem ganzen noch die Krone auf. Irgendwann war ich einfach nur noch müde und genervt. Ja, genervt war ich wirklich. Ich habe das Buch dann auch abgebrochen. Ein Buch sollte seinen Leser in seinen Bann ziehen, fesseln und festhalten. Es sollte seinen Leser mitnehmen in eine andere Welt und dort mit ihm Achterbahn fahren. Schnell, langsam, rauf und runter und am Ende katapultiert eben jenes Buch seinen Leser im hohen Bogen, völlig befriedigt zurück in die reale Welt. „Schöne Seelen“ lässt seine Leserschaft lieber nebenher laufen und verwirrt mit hochgestochenem Gefasel und langweiligen Vorträgen. Irgendwann ist man bei jenem Spaziergang an der Stelle angelangt wo der Ententeich links neben einem interessanter erscheint und man einfach abbiegt.
Vielleicht nehme ich mir das Buch irgendwann noch einmal zur Hand und lese es zu Ende. Irgendwann – denn momentan habe ich darauf keine Lust bzw. keinen Nerv.