Summer of Love and Hate

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buecherfan.wit Avatar

Von

In Anne Chaplets Roman “Schrei nach Stille” geht es um rätselhafte Ereignisse in einem Dorf im Oberhessischen in der Gegenwart und vierzig Jahre zuvor. Die Schriftstellerin Sophie Winter hat in diesem Dorf ein Haus gekauft, über dem ein Fluch zu liegen scheint. Der Bauherr hatte sich nach seiner Insolvenz in diesem Haus das Leben genommen, und die drei Hippies, die sich Sascha, Angel und Charles nannten und dort eine Weile gelebt hatten, haben viel Unruhe in die Dorfgemeinschaft gebracht.

Sophie Winter hatden Bestseller "Summer of Love"über den Sommer 1968 und die Geschehnisse im Ort geschrieben, der gerade verfilmt wird. Die jungen Hippies waren der zunehmenden Feindseligkeit und den Übergriffen der Dorfbewohner ausgesetzt. Die Lage spitzte sich noch mehr zu, als sich ein junges Mädchen aus dem Ort den Hippies anschloss und ihr unmoralisches Leben teilte. Als die jungen Städter Anzeige erstatteten, wurde keineswegs unvoreingenommen ermittelt, sondern die Polizisten machten gemeinsame Sache mit den Dörflern, indem sie bei einer Drogenrazzia das Haus auf den Kopf stellten und durchblicken ließen, die jungen Leute hätten ihr Haus im Drogenrausch wohl selbst angezündet. Keinen interessierte weiter, dass nur zwei Personen den Ort verließen, nicht drei. In ihrem Schlüsselroman gibt Sophie Winter den Dorfbewohnern die Schuld am Tod der jungen Sascha, die nie wieder gesehen wurde..

Ermittler Giorgio DeLange unterstützt das Filmteam, damit die Arbeit der Polizei authentisch dargestellt wird. Er stößt auf die 40 Jahre zurückliegenden Ereignisse, das Verschwinden einer jungen Frau und die schlampige Ermittlungsarbeit der Polizei, und er beginnt Fragen zu stellen. Dass er sich die alte Akte beschafft und den Fall wieder aufrollt, verursacht Turbulenzen. Auch der im Dorf zugezogene Paul Bremer stellt seinen Nachbarn unliebsame Fragen nach den damaligen Ereignissen und der gegenwärtigen Situation, in der sich die Dinge zu wiederholen scheinen. Auch Sophie Winter ist Anfeindungen und Übergriffen ausgesetzt. Außerdem ist ein zwölfjähriger Junge aus dem Dorf spurlos verschwunden.

Anne Chaplet ist ein spannender, atmosphärisch dichter Roman gelungen. Sie liefert ein stimmiges Porträt des gesellschaftlichen und politischen Klimas der ausgehenden 60er Jahre, als die Hippies freie Liebe predigten und sich gegen verknöcherte Strukturen einer sehr konventionell denkenden Gesellschaft wandten. Die Wahrheit kommt ans Licht, und auch die zunehmend verwirrte, an Alzheimer leidende Sophie Winter hat ihren Augenblick der Erkenntnis. Der Fall um den verschwundenen Jungen kann gelöst werden.

“Schrei nach Stille” hat mir sehr gut gefallen und ist den Lesern zu empfehlen, die literarische Krimis mit etwas mehr Substanz bevorzugen.