Schuldlos schuldig

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philipp.elph Avatar

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_Kann ein Mensch schuldlos schuldig sein?_ Wenn er zum Beispiel als Autofahrer ein kleines Kind überfährt, dass vor sein Auto springt, nachdem es sich von der Hand seiner unaufmerksamen Mutter losgerissen hat. Muss der Autofahrer in einem solchen Fall zur Verantwortung herangezogen werden, für einen Unfall, den er nicht verhindern konnte?

Und gibt es eine Instanz, die derart schuldlos Schuldige bestraft?

Das sind die Fragen, die beim Lesen dieses Krimis aufkommen.

Zunächst wird jener Autofahrer Jahre nach dem Unfall selbst Opfer, indem ihn ein anderes Auto überollt. Mord analog dem Unfall von damals. Kommissar Dühnfort und sein Team stehen vor einer fast unlösbaren Aufgabe. Als dann noch zwei Menschen sterben, denen ein ähnliches Schicksal beschieden ist – unverschuldet an tödlichen Unfällen beteiligt gewesen zu sein – wird gar eine Sonderkommission gebildet, ein Profiler hinzugezogen.

Die Ermittlungen kommen nur schleppend voran. Brisant wird die Situation, als die Ermittler der Sonderkommission „Rache“ erkennen, dass noch jemand als schuldlos schuldig erachtet werden könnte.

Es ist Susanne. Als Babysitter hat sie sechs Jahre zuvor einen kleinen, zappeligen und frechen Jungen zu Bett gebracht. Als sie das Zimmer verlassen wollte, stürzte der Knabe aus dem Bett, brach sich die Halswirbel und starb. Susanne kann sich nicht mehr genau an den Vorgang erinnern. Sie fühlt sich noch immer schuldig am Tod des Jungen, hat ihr Studium aufgegeben, ist aus München in ein kleines Dorf geflüchtet und repariert jetzt Bögen von Streichinstrumenten, fernab ihres früheren Lebens.

Ab und zu hat Susanne noch Kontakt zu den Leuten des Kriseninterventionsteam, das ihr nach dem grausigen Ereignis beistand und der Selbsthilfegruppe mit dem bedeutungsvollen Namen „Schuldlos schuldig“, die sie zeitweise wie auch die anderen inzwischen Getöteten besuchte.

 

Aber ist einer Helfer des KIT oder ein Moderator der Selbsthilfegruppe, vielleicht auch ein Angehöriger eines Opfers der Richter und Rächer, der die Schuldlosen tötet?

Inge Löhnig legt einige falsche Fährten.

Ein herrlicher spannender und zugleich entspannender Krimi, der zudem noch eine Lovestory enthält, denn Dühnfort und seine Mitarbeiterin Gina habe ein Verhältnis - miteinander. Die Lovestory führt zum Happyend. Ob die Geschichte auch für Susanne gut ausgeht, muss sich erlesen werden.

Inge Löhnig hat in ihrem vierten Roman mit Tino Dühnfort und Gina ein äußerst lesenswertes Buch geschrieben. Obwohl die Handlung in und um München spielt ist es frei von Leuten im Jodler-Look, die kauzig im Trachtenjanker agieren. Es treten weder beim Lesen Assoziationen zu bayrischer Dicke-Backen-Musik auf noch ersäuft ein trübsinniger Kommissar seine düsteren Gedanken in Alkohol.

„Schuld währt ewig“ ist ganz einfach ein feiner, gut recherchierter Krimi inklusive der kleinen Liebesgeschichte.

 

Philipp Elph