Schuldlose Schuld

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linus63 Avatar

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Susanne Möbus versucht, mit dem Tod eines Kindes klarzukommen, den sie vor 6 Jahren als sein Babysitter nicht verhindern konnte. Sie fühlt sich schuldig...  
Ein Mann wird in der Dämmerung von einem unbeleuchteten Auto überfahren - war es Mord? Einige Tage später wird eine junge Frau in einem See in knietiefem Wasser ertränkt. Kommissar Tino Dühnfort und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Nach vielen Recherchen kommt heraus, dass beide Opfer in ihrer Vergangenheit in einen Unfall mit Todesfolge verwickelt waren, sie selbst jedoch schuldfrei gesprochen wurden. Wer hat nach Jahren Interesse daran, Rache zu nehmen? Gelingt es der Polizei, potentielle Opfer aufzuspüren und zu schützen?

Ab der ersten Seite packt mich die Handlung, die in klaren Sätzen so ausführlich und anschaulich geschildert ist, dass ich meine Umgebung vergesse und das Buch in einem Rutsch zu Ende lese. Mit einer angenehm überschaubaren Anzahl Personen wagt sich Inge Löhnig in Dühnforts viertem Fall an das Thema "schuldlose Schuld", bei der eine verantwortliche Person den Tod eines Menschen nicht verursacht hat, ihn jedoch nicht verhindern konnte. Diese Problematik lässt die Autorin die "Schuldige" Susanne Möbus intensiv erleben. Parallel hierzu erhalte ich durch verschiedene Unfälle, die im Laufe der Ermittlungen in den Fokus rücken, andere Perspektiven zu diesem Thema. Damit schert der Krimi aus dem häufig genutzten Gut/Böse Schema aus und liefert mir neue Denkansätze zum Thema Schuld. Noch während sich der Zusammenhang zwischen den Opfern erschließt, wird klar, aus welchem Umfeld der Täter kommen muss, wobei das Motiv bis zum Ende rätselhaft bleibt, dann aber letzte Teile zu einem schlüssigen Bild liefert.

Inge Löhnig beschreibt ihre Charaktere einfühlsam, tief und authentisch. Dies gilt auch für die Ermittler, deren persönliche Seite im Krimi viel Platz bekommt und gekonnt in die Handlung eingeflochten wird. Hierzu inszeniert die Autorin als Fortsetzung zum dritten Band eine heimliche Beziehung zwischen Tino und seiner Kollegin Gina, die Alois, dem Dritten im Team, aber auf Dauer nicht verborgen bleibt. Das bei ihm daraus resultierende Gefühl der Benachteiligung lässt ihn jedoch sein bisher wenig teamorientiertes Verhalten korrigieren und nach einem überraschenden Ereignis im Team neu Fuß fassen - eine Entwicklung, die mir sehr gut gefällt. Der tiefe Einblick in die Gefühle und das Privatleben der Ermittler bringt sie mir nahe und steigert den Unterhaltungswert des Krimis.
Das einfach und klar gehaltene Cover, das optisch sehr gut in die Reihe um Kommissar Dühnfort passt und in der Buchhandlung auf jeden Fall mein Interesse geweckt hätte, vervollständigt dieses gelungene Buch.

"Schuld währt ewig" ist ein absolut empfehlenswerter Kriminalroman, der mich nicht nur anspricht, weil er ohne großes Blutvergießen und extreme Brutalität auskommt, sondern neben einer außergewöhnlichen Thematik eine ausgewogene Mischung aus spannendem Verbrechen und persönlichen Beziehungen präsentiert.