Zerbrochene Träume

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Sanne hat vor sechs Jahren auf den Sohn von Freunden aufgepasst, als dieser aus dem Bett gefallen und gestorben ist. An den Unfall selbst kann sie sich nicht mehr erinnern. Sie leidet unter dieser Schuld, besonders um Ludwigs Todestag herum. Sie hat ihr Leben total verändert, lebt zurückgezogen und einsam auf dem Land und ist Bogenbauerin geworden. Ein neuer Nachbar zieht ein, der ihr unsympathisch ist und der ihr ruhiges Leben durcheinanderbringt.

Der Rentner Eugen Voigt ist nach einem Unfall Frührentner und verbittert, auch weil die gegnerische Versicherung nicht zahlen will. Sein größtes Hobby ist es, am Fenster zu sitzen und Verkehrssünder aufzuschreiben, was ihm auch den Spitznahmen „Knöllchen-Eugen“ eingebracht hat. Als er Nr. 1000 fotografieren möchte, wird er Zeuge, wie sein Nachbar, der Architekt Jens Flade, überfahren wird. Weil alles auf eine absichtliche Tat hindeutet, werden Kommissar Dühnfort und sein Team gerufen. Niemand kann sich vorstellen, weshalb der junge Mann, der eine hochschwangere Frau hinterlässt, bewusst getötet worden sein soll. Die Kripo nimmt die Ermittlungen auf und bekommt kurz darauf einen weiteren Fall: eine junge Frau wird ertränkt in einem See aufgefunden. Privat geht es Dühnfort gerade gut: er und seine Kollegin Gina sind endlich ein Paar, müssen dies aber noch vor den Kollegen geheim halten.

Mit diesem Buch, dem vierten in der Serie um Kommissar Dühnfort, zeigt Inge Löhnig wieder ihr ganzes Können und weshalb sie zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen gehört. Das Buch lässt sich schnell lesen. Es dauert nicht, bis man einen Zugang dazu gefunden hat, sondern man ist von der ersten Zeile mitten im Geschehen. Die Sprache ist einfach, alltäglich und nicht hochgestochen, so dass es sich flüssig lesen lässt. Die Personen sind nicht flach und blutleer, sondern so beschrieben, dass man sich gut in sie hineinversetzen kann und das Gefühl hat, dass sie tatsächlich leben und handeln.

Von der ersten Seite wird Spannung aufgebaut. Man fragt sich, wie die verschiedenen Handlungsstränge zusammengehören. Außerdem wollte ich gerne wissen, was in jener Nacht tatsächlich passiert ist, als Sanne auf den kleinen Ludwig aufgepasst hat, und was es mit dem neuen Nachbarn auf sich hat. Ebenso spannend waren natürlich die Fragen, weshalb der Architekt und die junge Frau sterben mussten und wer der Täter ist. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen und habe es fast an einem Stück gelesen. Ich hatte zwar früh einen Verdacht, wurde am Ende dann aber doch überrascht. Der Fall und die Lösung sind logisch, und am Ende sind alle Fragen beantwortet.

Zur Spannung trägt auch bei, dass der Krimi aus der Sicht des allwissenden Erzählers geschrieben ist, wobei immer eine Person im Vordergrund steht. Mal ist es Sanne, mal der Frührenter, mal Kommissar Dühnfort. Der Leser hat dadurch einen Informationsvorsprung vor der Kripo.

Gut an Inge Löhnigs Büchern gefällt mir, dass auch das Privatleben der Beteiligten, vor allem natürlich von Tino Dühnfort, nicht zu kurz kommt. Dies macht für mich eine Geschichte erst richtig rund, wenn man das Gefühl hat, die Personen in allen Facetten kennenzulernen. Und mit der Zeit werden sie dann sogar zu guten Freunden, auf deren Wiedersehen man sich freut. Mit Interesse habe ich Dühnforts Entwicklung in den ersten Bänden verfolgt und war gespannt, wie es weitergehen würde. Schön finde ich, dass er nun mit Gina zusammen ist und wünsche den beiden Glück, auch wenn es beruflich eine Veränderung bedeuten wird.

Ich denke, dass man diesen Krimi auch lesen kann, ohne die Vorgängerbände zu kennen, da die Fälle in sich abgeschlossen sind. Ich würde es jedoch niemandem empfehlen, da es immer wieder Anspielungen auf frühere Ereignisse gibt und sich vor allem die Veränderungen im Privaten durch alle Bände ziehen.

Das Cover ist schön. Vor allem dass das Messer, der Schmetterling und der Titel etwas erhaben sind, finde ich gut. Es hat einen Bezug zum Buch, der im Verlauf des Krimis deutlich wird.  Es passt zu den anderen Covern von Inge Löhnigs Büchern, so dass es jeder Fan erkennen wird. Der Rückentext verrät zwar schon das ein oder andere - ich hätte den Tod der jungen Frau nicht erwähnt - , gibt aber nicht zu viele Details preis und macht neugierig.

Ich kann das Buch ohne Einschränkung jedem empfehlen, der gute und klar durchdachte Krimis mag, die auf reine Gewaltszenen und bluttriefende Passagen verzichten. Wenn es ginge, würde ich noch mehr als fünf Punkt für dieses Buch vergeben!