Brutal

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larsibär Avatar

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Frontal gegen die Wand … und das immer wieder. So fühlt sich der Roman von Jasmina Kuhnke an. „Schwarzes Herz“ ist ein Buch, das weh tut und den Leser*innen einiges abverlangt.

Kuhnke spricht in ihrem Roman gleich mehrere Themen an, welche in unserer Gesellschaft heutzutage zwar noch präsent sind, jedoch gerne tot geschwiegen werden. Die Protagonistin, Tochter einer Kroatin und eines Senegalesen, wird ab jüngster Kindheit mit einem indirekten und direkten (Alltags-)Rassismus konfrontiert, der beim Lesen Unwohlsein hervorruft. Die meisten werden wahrscheinlich sogar merken, dass man sowas sogar selbst schon miterlebt hat (aktiv oder passiv) und mit der eigenen damaligen Reaktion konfrontiert. So zumindest bei mir. „War ja nur ein (!) Witz, ist ja nicht so schlimm“. Solche Aussagen überdenkt man nach diesem Buch definitiv.
Dazu kommt ein extremer Fall von häuslicher Gewalt, welcher in Deutschland wahrscheinlich tausende Male und das tagtäglich vorkommt. „Etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner“ [BMFSFJ, 2020].
Die Statistik mag zwar auch „einfache“ Körperverletzung mit einschließen, doch auch das absolut inakzeptabel. Der im Roman geschilderte Fall ist auch in der Triggerwarnung ausführlich vorgewarnt. Jede Person, die ein ähnliches Trauma durchgemacht hat, sollte wahrscheinlich auf diese Lektüre verzichten, da sie sich vielleicht Re-Traumatisierend auswirken kann.
Das Buch ist wie gesagt eine anstrengende Lektüre, welche mehrere Tage braucht, um es zu lesen und nochmal mehrere, um es zu verdauen. Durch die Nähe, welche man über den guten Erzählstil und die tiefen Einblicke in das Gefühlsleben der Protagonistin gewinnt, ist es sogar für mich, weißen, männlichen Mitteleuropäer möglich, die Alltagsprobleme ein wenig nachzuvollziehen. Und das schockiert, alleine schon das bisschen.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm, manchmal sehr ruppig und für einige ein wenig anmaßend, doch wird der harte Ton, dem man auf den ersten Seiten begegnet, nicht über das Ganze Buch fortgeführt. Hier und dort sind jedoch einige Situationen sehr anschaulich und brutal ehrlich geschildert. So wie es im wahren Leben nun mal auch wäre.

Alles in allem ein sehr gelungenes Buch, welches man sich zu Gemüte ziehen sollte, wenn man mal aus der Komfortzone raus will und sich mit Themen wie Sexismus, Rassismus und Gewalt gegenüber Frauen beschäftigen will. Die Statistiken zeigen immer wieder, wie aktuell die Thematik noch ist, es will scheinbar nur niemand wirklich drüber sprechen.