Starker Auftakt, der leider etwas nachlässt

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In „Schweben“ befinden wir uns in einer dystopischen Welt nach der „großen Hitze“, in der die wenigen Menschen, die noch existieren, in Siedlungen leben und von einer größeren, unbekannten Instanz regiert werden. Das Verlassen der Siedlung ist verboten und versucht jemand Fremdes einzudringen, wird diese Person mit dem Tode bestraft. Bis auf diese Ausnahme ist Gewalt aber verpönt und ein friedliches Miteinander ist das A und O. Die Siedlung wird als sicherster und lebenswertester Ort präsentiert; während des Lesens merkt man aber schnell, dass es keineswegs ein luxuriöses Leben ist, das die Bewohner:innen führen.
Eine der Bewohnerinnen ist die vorerst namenlose Hauptprotagonistin, die ihr Geld mit „Begegnungen“ verdient. Sie schlüpft in die Rolle verschiedener Frauen und verwandelt sich sowohl optisch als auch charakterlich in die in Auftrag gegebene Person ihrer Klienten und verliert sich dabei selbst immer mehr.

„Wenn ich mir einer Sache sicher war, dann, dass ich mit meinen Diensten niemandem half. Ich verlängerte die Qual einer kaputten Beziehung und ließ mich dafür bezahlen; Hilfe im eigentlichen Sinne war das keine. Aber es war das, was meine Klienten wollten.“

Für mich persönlich war dieser Auftakt perfekt, leider hat mich der Roman später aber etwas verloren und ich habe die Anknüpfung zum Start nicht mehr finden können. Es wurde sukzessive angespannter und düsterer — was ich super fand — aber je näher das Ende kam, desto konfuser wurden die Geschehnisse und mir fehlt auch jetzt noch eine sinnvolle Interpretation des Ganzen. Außerdem werden im Roman sehr viele Themen angerissen, wie Identität, patriarchale Strukturen, Rollenbilder und noch so viele mehr, aber nie wirklich ein Fokus gesetzt oder in einzelne Themen tiefer eingestiegen. Ein klarerer Fokus hätte dem Buch wahrscheinlich gutgetan, dennoch mochte ich die Grundstimmung sehr und hab das Buch super gerne gelesen.