Ein absolut perfides Spiel

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Am 23. Dezember fährt Esther zu ihrer Schwester Sue, die in ihrer Villa am Rande des Waldes wohnt. Esther ist in Weihnachtsstimmung, mit ihren Kindern verpackt sie liebevoll das Geschenk für ihre Schwester, denn alleine lassen will und kann sie Sue in diesen Tagen nicht, eine Flasche Wein kommt auch noch mit und los geht’s.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm, diese winterliche Fahrt hinaus in die Einsamkeit. Ich begegne jetzt auch Sue, die so ein ganz anderes, zurückgezogenes Leben führt. Und lerne Esther genauer kennen in ihrer ach so fürsorglichen Art. Sie redet mit Engelszungen auf ihre Schwester ein, gibt sich wie eine Mutter, die ihr ungezogenes Kind zurechtweist. Zwei ganz und gar unterschiedliche Charaktere prallen da aufeinander. Die eine will ihre Ruhe, ist nicht bereit, ihr Innerstes nach außen zu tragen. Aber genau das kann und will die resolute Esther nie und nimmer akzeptieren.

Eine zuweilen sehr bedrückende Atmosphäre entsteht, ich kann mich diesem perfiden Spiel nicht entziehen. Zum einen die beiden Schwestern in der doch sehr feudalen Villa, daheim geblieben ist Martin, Esthers Ehemann mit den beiden Kindern. Das ganze Leben kommt zur Sprache, all die gewesenen und vermeintlichen Gemeinheiten werden an die Oberfläche gezerrt.

Judith Merchant ist ein außerordentlich raffinierter Thriller gelungen. Es sind die Dialoge der Schwestern, das Drumherum, ihr teuflisches Tun, das die Story ungemein belebt. Man kann gar nicht anders, als dran zu bleiben, möchte unbedingt wissen, wie das Ganze endet. „Es ist die Hölle!“ Ja, sie schenken sich nichts.

Auch das gelungene Cover, schwarz umrahmt, verdeutlicht die Herkunft der Schwestern – eine Wurzel, aber an der Oberfläche verbindet sie so gar nichts mehr.

In die tiefsten Abgründe der Menschen lässt die Autorin ihre Leser blicken. Das infame Spiel der Schwestern, die unterschwellige Gehässigkeit in all ihren schaurigen Momenten ist perfekt ausgeleuchtet. Ein Thriller, der gelesen werden will.