Kraftvoll!

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kittyftbarti Avatar

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Ein stilles, leuchtendes Porträt vom Aufwachsen im Patriarchat.

Schwimmen im Glas ist ein Roman, der auf leisen Sohlen kommt – und gerade deshalb so eindringlich wirkt. In fein verwobenen Zeitebenen erzählt Eva Lugbauer von Lore: einmal als scharf beobachtendes, zehnjähriges Mädchen im ländlichen Familienkonstrukt der 90er Jahre, dann als erwachsene Frau, die plötzlich mit der Vergangenheit konfrontiert wird – einer Vergangenheit, die sie nie wirklich losgelassen hat.

Zwischen den Zeilen entfaltet sich ein Gesellschaftsporträt, das tief unter die Oberfläche blickt. Die patriarchalen Strukturen, die Lugbauer zeigt, sind nicht laut oder plakativ. Sie sitzen am Mittagstisch, in den beiläufigen Bemerkungen des Vaters, im Schweigen der Mutter, in der Art, wie über Tante Ursula gesprochen wird – jene schillernde, unbequeme Frau, die alleinstehend schwanger wird und trotzdem Raum einnimmt. Für die junge Lore wird Ursula zum Fenster in eine andere Welt.

Was Schwimmen im Glas so besonders macht, ist die stille Kraft seiner Sprache. Lugbauer erzählt sanft, fast gläsern, aber nie zerbrechlich. Jede Szene ist getragen von einer tiefen Empathie für das Kind, das lernt, sich selbst in Frage zu stellen – und für die Erwachsene, die sich die richtigen Fragen endlich zu stellen traut.

Ein kluger, poetischer Roman über das, was uns prägt – und über die Möglichkeiten, sich daraus zu befreien. Für alle, die sich selbst schon einmal als Kind zwischen den Zeilen ihrer Familiengeschichte wiedergefunden haben.