solide Jugend-Utopie /-Dystopie?

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thrilltastisch Avatar

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Eine meiner buchigen Bildungslücken hat sich geschlossen, denn ich habe nun auch den ersten Teil der Scythe-Trilogie von Neal Shusterman gelesen.

Der Schauplatz ist eine (fast) perfekte Utopie, in der die Menschheit Krankheit und Tod überwunden hat. Überwacht und reguliert wird diese von einer künstlichen Intelligenz mit dem Namen Thunderhead. Da niemand mehr stirbt, muss die menschliche Population durch das Eingreifen der sogenannten Scythe im Zaum gehalten werden, eine elitäre Gruppierung, deren legitime Pflicht es ist, eine festgelegte Anzahl von Menschen zu töten. Die beiden Jugendlichen Citra und Rowan werden als Lehrlinge für diese schwierige Aufgabe ausgewählt.

Diese fiktive Zukunftssituation spricht mich sehr an und da ich nur Gutes von der Reihe gehört hatte, waren die Erwartungen hoch. Das mag einer der Gründe sein, warum ich nicht ganz überzeugt bin.

Für mich sind weder die Charaktere noch der Weltaufbau richtig greifbar. Bei sehr vielen Aspekten habe ich oft nicht den Eindruck, dass sich eine reale Gesellschaft so entwickeln, sich Menschen so verhalten würden, wie es beschrieben wurde. Es wollte sich einfach kein stimmiges Bild vor meinem inneren Auge aufbauen.

Hinzu kommt der Erzählstil, der einem alles auf dem Silbertablett serviert, ohne vom Leser eigenes Mitdenken zu erwarten. Sicher ist hier die Rede von einem Jugendbuch, wo man beim Tiefgang häufig Abstriche machen muss, aber ich kann es leider nicht großartig wertschätzen, selbst die offensichtlichsten Dinge nochmals erläutert zu bekommen, damit es auch der Letzte verstanden hat. Dasselbe gilt für die Charakterentwicklungen, welche erklärt und nicht durch Verhalten aufgezeigt werden.

Etwa bei der Hälfte spielte ich mit dem Gedanken, es abzubrechen, blieb dann aber mithilfe des Hörbuches dran und gegen Ende konnte ich dann doch noch mitfiebern.

Viel passiert ist in dem Buch von Anfang bis zum Schluss, was das angeht, kann ich mich nicht beklagen. Dem abwechslungsreichen Plot und den faszinierenden Gedankenanstößen konnte ich durchaus etwas abgewinnen.

Trotz seiner Dicke war es mir aber doch von allem etwas zu wenig. Vielleicht erhalte ich in den Folgebänden noch die Informationen, die mir zu einem stimmigen Gesamtbild bisher fehlen.

Insgesamt ein solides dystopisches Werk, das ich mit Abstrichen empfehle.