Zwei verletzte Seelen

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Inhalt
Die neunzehnjährige Nevah muss mit Bruder und Eltern in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus New York fliehen. Ausgerechnet im beschaulichen Küstenstädtchen Rockaway Beach tauchen sie unter. Der jungen Frau fällt es schwer, sich einzuleben, denn alles wirkt fremd und sie hat Angst, sich zu verraten. Zudem glaubt sie, in jedem Schatten eine Gefahr zu sehen. Ihr Bruder freundet sich mit dem gutaussehenden Jackson an, der nebenan wohnt. Dieser feiert zwar das Leben, kann aber nicht verzeihen, wie sehr seine Familie ihn belogen hat. Nevah und er kommen sich langsam näher, doch als es ernst wird, weicht sie zurück. Denn auch sie muss ihn belügen.


Meinung
„Unsafe“ ist der erste Band einer Dilogie und obwohl er, was die Liebesgeschichte anbelangt, in sich abgeschlossen wirkt, bleibt die Haupthandlung leider offen. So ist es nötig, auch den Nachfolger anzuschaffen, der im Oktober 2023 erscheinen wird. In diesem wird Nevahs Bruder seine große Liebe erobern.
Die Stimmung in der Story ist von Anfang an gedrückt. Nevah kann nicht verwinden, was passiert ist und dass sie alles hinter sich lassen musste, was ihr etwas bedeutet hat. Die neue Umgebung, neue Leute und die ständige Angst, die sich in Panikattacken niederschlägt. Obwohl klar ist, dass es um ein Verbrechen gehen muss, wenn man ihnen offiziell neue Namen und Backgrounds verschafft, wird um die eigentliche Ursache ein kleines Geheimnis gemacht. Erst gegen Ende, wenn auch Nevah sich öffnen kann, wird offenbart, was dazu geführt hat. In jedem Fall bleibt es die meiste Zeit über recht melancholisch. Wer Suspence erwartet, wird ein wenig enttäuscht sein, das ist kein Thriller, sondern eine Romance. Nevah selbst ist ein unsteter Charakter. Der Leser lernt sie kennen, als sie an einem Tiefpunkt im Leben steht, aus dem sie sich nicht so recht befreien kann. Sie erhält vielmehr noch Probleme obendrauf. Zum einen die Sorge um ihren Bruder. Zum anderen Jackson und dass sie ihn belügen muss. Eine andere Hintergrundgeschichte, etwas, das sie formt, fehlt leider. Obwohl sie gerne liest und sich mit massenweisen Büchern umgibt, studiert sie etwas in Richtung Umwelttechnik. Das muss heute vermutlich so. Aber ich hatte den Verdacht, dass die Autorin gar nicht weiß, was beide genannten Studienfächer eigentlich beinhalten. Eines, das Nevah studieren wollte, das aber in dem Küstenort nicht angeboten wird. Also entscheidet sie sich für ein ähnliches Fach. Um Klima und Umwelt zu helfen. Nur was prädestiniert sie dazu? Nichts, aber wirklich gar nichts weist daraufhin, dass sie ein Faible für Naturwissenschaft, Technik oder Physik oder anderes hat. Einzig, dass sie darauf besteht, dass der Müll ordentlich getrennt wird. Was wäre so schlimm gewesen, diesen Teil einfach wegzulassen und die junge Frau etwas mit Sprachen oder Büchern machen zu lassen, das wäre nämlich konsequent gewesen. So wackelt es nur erheblich. Zumal sie als Charakter nicht gefestigt wird, da sie offenbar in mehrerer Hinsicht nicht in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen, eben nicht nur jene, die andere ihr vorgeben. Das hat dann aber auch wieder Auswirkung auf die Wahl ihres Partners.
Jackson, der im Haus nebenan lebt, ist kein leicht zu fassender Charakter. Er hat eine lose intime Bekanntschaft, die just in ein anderes Land zieht, als es mit Nevah ernster wird. Er hat quasi alles hingeschmissen, da seine Eltern ihn über seine leibliche Mutter belogen haben. Die Geschichte um Letztere wirkt leider ein wenig aufgesetzt, kann aber überlesen werden. Der auf hart gemachte Sonnyboy, der fast täglich eine Party am Strand schmeißt und nichts dagegen hat, wenn sich Nevahs Bruder regelmäßig abschießt, kennt natürlich auch all ihre Lieblingsbücher. Vermutlich, um ihm ein wenig Tiefe zu geben. Leider war das eine Spur zu viel. Er wird von Anfang an nicht richtig sympathisch, was sich auch auf die Beziehung auswirkt. Wann genau es in etwas Ernstes umgeschlagen ist, kann ich nicht genau benennen, denn es wirkt nicht konsequent. Dazu ist der Übergang zu der Frau davor zu fließend. Was genau gibt hier tiefere Emotionen vor? Da zuvor keine wirkliche Feindschaft (Stichwort: Enemies to Lover) vorlag, fehlt ein wenig die Entwicklung diesbezüglich.
Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, war sowohl die Art, wie sich die Autorin ausdrückt, als auch ihre Fähigkeit, Informationen geschickt in der Handlung unterzubringen. Als Story habe ich „Unsafe“ als sehr ausgewogen und gut konzipiert wahrgenommen. Es war halt ein bisschen weinerlich, was für eine gewisse Zielgruppe wieder sehr passend ist. Dass es überhaupt eine spürbare Atmosphäre im Roman gibt, ist positiv hervorzuheben. Leider waren die Charaktere nicht so konsequent in ihren Handlungen, wie es wünschenswert gewesen wäre und die Liebesgeschichte geht zu schnell vonstatten. Dafür kommt das Flair von Rockaway Beach, der seinem Namen alle Ehre macht, gut rüber. Kleinstadtfeeling, Strand und Wellen. Auch wenn es nicht so wirkt, hat mir „Unsafe“ gut gefallen, wenn es auch Kritikpunkte gibt. Da ich jedoch einige Andeutungen für die Auserwählte von Nevahs Bruder so gar nicht mochte, werde ich nicht zu Band 2 greifen. Damit entgeht mir aber leider die Aufklärung rund um den Schatten, der sich am Ende selbst zu Wort meldet.


1. Seaside Hideaway – Unsafe
2. Seaside Hideaway – Unseen