Ein Science-Fiction-Roman für Menschen, die kein Science-Fiction mögen

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Worum geht's?
Die Erde wurde von Außerirdischen, sogenannten Seelen, besetzt, die sich in die Körper von Menschen einnisten und sich ihres Verstandes bemächtigen. Die Rebellin Melanie lebt mit ihrem kleinen Bruder Jamie und ihrem Freund Jared versteckt in der Wildnis und konnte so einer Besetzung durch eine Seele bisher aus dem Weg gehen. Doch als sie sich auf der Suche nach überlebenden Verwandten macht, wird sie von den sogenannten Suchern entdeckt und gefangen genommen. Die ihr eingesetzte Seele Wanda hat schon auf einigen Planeten gelebt und wurde so zu einer wahren Legende unter den Außerirdischen. Im Körper von Melanie gelingt es ihr jedoch nicht, diese vollständig zu verdrängen. Von den menschlichen Gefühlen und Melanies Liebe zu Jared überwältigt, macht sich Wanda auf die unmöglich erscheinende Suche nach anderen Überlebenden und ahnt dabei noch nicht, welchen Einfluss der Planet Erde auf sie haben wird.


Meine Meinung
Stephenie Meyer war mir bis dato nur als Autorin der Twilight – Reihe bekannt, von der ich persönlich eigentlich kein besonders großer Fan bin. Umso überraschter war ich deshalb, als ich Seelen entdeckt und gelesen habe.

Das Cover ist mir in der Buchhandlung witzigerweise sofort ins Auge gesprungen, obwohl es eigentlich ziemlich unauffällig gestaltet ist. Da ich Teile des Films schon kannte, bevor ich das Buch gelesen habe, ist mir hier besonders die relativ dezente Darstellung des Rings um die Pupille aufgefallen, die meiner Meinung nach einfach passender ist als das leuchtende Blau in der Verfilmung.

Schön gestaltet war auch das Worldbuilding, das in seiner Gesamtheit zwar ziemlich komplex ist, aber von Anfang an mühelos in den Erzählfluss eingebunden wird. Alle wichtigen Hintergrundinformationen bekommt man ganz einfach nebenbei, ohne durch unnötig ausschweifende Erklärungen im Lesefluss gestört zu werden. Besonders spannend fand ich die anderen von den Seelen besetzten Planeten und ihre unterschiedlichen Lebewesen, weil sie alle noch unglaublich viel Potenzial für weitere spannende Geschichten bieten. Für mich hätte Wanda gerne noch wesentlich mehr Geschichten aus ihren vorherigen Leben erzählen können, aber vermutlich wäre das dem Gleichgewicht zwischen Handlung und Hintergründen eher weniger zuträglich gewesen.

Wanda als Hauptprotagonistin ist einfach von Grund auf nett und liebenswürdig und verkörpert damit die positiven Eigenschaften und Charakterzüge, die den Menschen manchmal und ganz besonders in einer Ausnahmesituation wie der Besetzung der Erde durch Außerirdische fehlen. Man merkt relativ schnell, dass Wanda anders als die übrigen Seelen ist und nicht ganz so gut mit dem Leben auf dem neuen Planeten klar kommt, wie eigentlich gedacht. Deshalb wirkte es auf mich auch nicht so unglaubwürdig, dass Wanda und Melanie währen ihrer Koexistenz eine Freundschaft zueinander aufbauen. Auch die Tatsache, dass Wanda eigene Beziehungen zu den übrigen Menschen aufbaut und sich schlussendlich gegen ihre eigene Spezies entscheidet, passt somit zu ihrem Charakter und wirkt durch den Entwicklungszeitraum auch nicht überstürzt.

Zu Melanie, in deren Körper Wanda eingesetzt wurde, konnte ich irgendwie keine Beziehung aufbauen, obwohl auch ihr und ihrer Persönlichkeit relativ viel Platz in der Geschichte eingeräumt wird. Vielleicht leide ich da an einer Wahrnehmungsstörung, aber mir kam es irgendwie so vor, als sei sie relativ schnell und häufig beleidigt, was mir – selbst unter den extremen Bedingungen, denen sie in ihrer Situation ausgesetzt ist – einfach ein wenig zu anstrengend war. Auch die Liebesgeschichte zwischen Melanie und Jared war mir am Ende relativ egal, da auch er nicht unbedingt meine Nummer eins bei den männlichen Hauptcharakteren war.

Jamie dagegen, den kleine Bruder von Melanie, mochte ich richtig gerne. Er war einfach süß und hat Wanda als eigenständige Person gesehen, was mich tatsächlich sogar ein wenig überrascht hat. Gleichzeitig fungiert er aber auch als Bindeglied zwischen Wanda, Jared und Melanie, da sie ihn alle lieben und nur das beste für ihn wollen. Ich bin mir relativ sicher, dass die Geschichte ohne ihn größtenteils nicht funktionieren würde, da sonst sicherlich irgendjemand schon wesentlich früher versucht hätte, Wanda umzubringen.

Der Spannungsbogen war überwiegend gut gestaltet, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass das Buch knapp 900 Seiten hat. Die Szenen in der Höhle der Überlebenden waren an vereinzelten Stellen ein wenig langatmig, aber im Großen und Ganzen kommt während des gesamten Buchs keine Langeweile auf. Das Ende kam dann ein bisschen plötzlich, weil gerade noch einmal Fahrt in die Geschichte kam und ich nicht damit gerechnet hatte, so schnell schon wieder aus dem Lesefluss gerissen zu werden. Die Ereignisse waren schlussendlich aber ganz intelligent platziert, da man so ein offenes Ende mit Potenzial für hoffnungsvolle Zukunftsszenarien gestalten konnte. Als Leser war ich schon ein wenig enttäuscht über das abrupte Ende, weil ich gerne noch erfahren hätte, wie es mit den Protagonisten weiter geht.


Fazit
Seelen hat bei mir einen überraschend positiven Eindruck hinterlassen, mit dem ich vor dem Lesen des Buchs nicht gerechnet hätte. Das apokalyptische Setting ist spannend und von einem gut durchdachten Worldbuilding untermalt, was mir beim Lesen besonders positiv aufgefallen ist. Die Hauptcharaktere sind überwiegend sympathisch und machen es leicht, mehr über sie und ihr Leben erfahren zu wollen. Etwas mäkeln könnte man in Bezug auf das leicht hektisch wirkende Ende, aber das macht die integrierte Zukunftsvision schon fast wieder wett. Im Großen und Ganzen hat mir Seelen sehr gut gefallen und ich kann der Autorin nur zustimmen, wenn sie sagt, dass Seelen ein Science – Fiction – Roman für Menschen sei, die eigentlich kein Science – Fiction mögen.

Dafür gibt es von mir vier Bücherstapel