Fesselnder Mittelalter-"Krimi" mit wahrem Hintergrund

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annajo Avatar

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Frankreich, 1440: Im und um das Dorf Saint Mourelles in der Bretagne geschehen grausame Dinge. Kinder und Erwachsene verschwinden und werden nur noch tot gefunden. Im Dorf gehen Angst und Misstrauen um. Wer ist der Mörder und wer möglicherweise das nächste Opfer? Den Bewohnern bleibt einzig die Flucht nach vorn und mit den sich häufenden Hinweisen selbst nach dem Mörder zu suchen. Eine wichtige Rolle dabei spielen die junge Catheline und Mathis, der im Dorf hoch angesehen ist.

Ich bin überhaupt kein Fan von historischen Krimis und meide solche daher auch, denn ich finde schon Hobbydetektive in der Gegenwart wenig glaubwürdig. Aber nachdem sich die positiven Stimmen zu "Sehet die Sünder" massiv gehäuft haben, habe auch ich mich an das Buch gewagt und bin froh, dass ich das getan habe. Winterbergs Charaktere sind allesamt glaubwürdig und vielschichtig. Zwischen Catheline und Mathis kommt es schon am Anfang des Buches zum Bruch, sodass es hier das Buch über keine kitschige Liebesgeschichte gibt, sondern eher den Versuch eines gemeinsamen Auskommens innerhalb einer kleinen, eingeschworenen Gemeinde. Beide sind keine Superhelden, sondern einfache Menschen im Mittelalter. Das wird besonders dann deutlich, wenn Mathis Gast auf dem Schloss seines Lehnsherrn ist. Neben Saint Mourelles wechselt die Erzählperspektive auch regelmäßig zum Schloss zur Schlossherrin und nach Nantes zum Advokaten des Bischofs. Beide verfolgen ganz eigene Ziele. Und auch der Bischof selbst hat seine Gründe, eine Untersuchung der Todesfälle in die Wege zu leiten.
Der Leser erhält einen detaillierten Einblick in die Verhältnisse der damaligen Zeit und die Abhängigkeit der Bauern vom Lehnsherrn und der Kirche. Aber auch in die Politik, und darein, wie wenig das Leben eines einfachen Bauern wert ist und der notfalls geopfert wird. Gänsehaut verursachte dieses Buch mir, als einer der zentralen Charaktere unter Verdacht gerät und den Verdächtigen die peinliche Befragung blüht ...
Das Nachwort der Autorin ist sehr informativ und hilft abschließend noch einmal, das Buch und seine Intention zu verstehen und zu deuten. Allerdings sollte man das Nachwort wirklich erst am Ende lesen, da man sonst zu früh erfährt, wer der Täter ist. Mich hat zudem begeistert, dass das Buch stark an den wahren Fall eines französischen Serienmörders angelehnt ist und somit einen echten historischen Hintergrund hat. Das Einzige, was mich irritiert hat, ist die kleine Anzahl an Dorfbewohnern. So konnte sich die Autorin zwar darauf konzentrieren, die Charaktere allesamt gut auszuarbeiten, aber ich habe mich gefragt, ob das Dorf wirklich nur aus diesem Dutzend Personen besteht. Dementsprechend stirbt eigentlich immer jemand, den man kennt (außer wenn sie zum Schlosspersonal gehören). Das fand ich etwas unrealistisch, es war aber mein einziger Kritikpunkt.

Von mir gibt es für dieses Buch eine klare Leseempfehlung, da es ein spannender, historischer Roman mit Krimi-Elementen ist, der auf wahren Gegebenheiten beruht und gut recherchiert ist. Für mich sticht es klar aus der Masse der historischen Romane heraus.