Umfangreiche und interessante Thematik mit einigen Längen und zu wenig Tiefe

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Inhalt:

In Liv Winterbergs historischem Roman „Sehet die Sünder“ geht es um eine Serie von Morden in der Bretagne im Jahre 1440. Es gibt mehrere Erzählstränge. Einmal sind da Catheline, die Haushälterin des Pfarrers, und Mathis, ein Bauer, der bei einem Unfall am Bein verletzt wurde. Zusammen mit dem Pfarrer und den anderen Bewohnern des Dorfes Saint Mourelles erleben sie die Morde hautnah und versuchen herauszufinden, was es damit auf sich hat. Die Spuren führen zum nahegelegenen Schloss Troyenne, wo ihr Lehnsherr Baron Amede de Troyenne mit seiner Gattin Berenice, deren Schwester Francine und den Angestellten des Schlosses lebt. Der Baron hat Geldprobleme und auch mit seiner Frau läuft es derzeit nicht gut. Zuletzt gibt es noch den Bischof von Nantes und seinen Notar Julien Lacante, Schloss und Dorf gehören zu seiner Diözese.

Meine Meinung:

Das Cover gefällt mir gut. Man sieht sofort, dass es sich um einen historischen Roman handelt. Leider hat sich der Buchrücken beim Lesen etwas durchgebogen und es sind Leserillen entstanden. Das Buch soll in gewisser Weise einen mittelalterlichen Kriminalfall beschreiben. Die Autorin hat gut recherchiert und man gewinnt den Eindruck, sie wollte ihr ganzes Wissen dann auch mitteilen. Es gibt viele Handlungen, die für die Geschichte selbst nicht alle essentiell sind. Einerseits sind da die Morde, dann gibt es eine Liebesgeschichte zwischen Catheline und Mathis und auch die politischen Verflechtungen der Zeit rund um den Herzog und den Bischof der Betagne, den König von Frankreich und die Praguerie wurden in die Geschichte mit aufgenommen. An sich finde ich das sogar ganz gut, aber die einzelnen Handlungen haben mir dann nicht immer genug Tiefe, manche Dinge bleiben oberflächlich. Und das obwohl das Buch mit über 400 Seiten relativ lang ist. Damit komme ich dann auch zu meinem Hauptproblem, trotz der ganzen Handlungen braucht es recht lange bis die Geschichte wirklich anläuft und Spannung entsteht. Das erste Drittel des Buches zeigt viele Längen. Es gibt sehr viele Morde, die die Handlung aber nicht wirklich weiterbringen. Es wird jemand tot aufgefunden, alle sind schockiert und dann wird bald auch schon die nächste Leiche gefunden. Zum Glück nimmt die Geschichte dann aber an Fahrt auf und das letzte Drittel ist wirklich spannend.

Die Personen sind mir nur mittelmäßig sympathisch. Am besten gefällt mir Catheline, auch wenn sie manchmal doch auch anstrengend und etwas zickig ist. Mathis ist mir nicht sehr sympathisch, er vergeht in Selbstmitleid (obwohl um ihn herum anderen Menschen die furchtbarsten Dinge passieren) und stößt Catheline von sich. Auch begeht er einige Dummheiten und ist dann nicht bereit darüber zu reden und die Begebenheiten mit Catheline zu klären. Ihre Probleme miteinander werden eigentlich im ganzen Buch nie wirklich ausdiskutiert oder gelöst. Den restlichen Bewohnern des Dorfes fehlt es etwas an Tiefe um eine wirkliche Beziehung zu ihnen aufzubauen. Amede de Troyenne wirkt anfangs ganz freundlich, das ändert sich aber im Laufe der Zeit. Berenice kann ich eigentlich ganz gut verstehen, aber auch bei ihr werden ihre Gefühle nicht komplett aufgearbeitet. Ihre Schwester ist mir total suspekt und ich finde sie ungeheuer nervig. Wieso läuft sie Amede so hinterher, will sie sich nicht vielleicht mal um ihr eigenes Leben kümmern? Julien zeigt einerseits Gefühle, ist andererseits aber auch sehr berechnend, so wie es der Bischof von ihm erwartet. Dieser ist dagegen eigentlich durchweg unsympathisch, aber das liegt natürlich auch an der ihm angedachten Rolle.

Der letzte Teil des Buches hat mir dann, wie schon erwähnt, besser gefallen. Die Schilderungen sind durchaus interessant und ich wollte die Geschichte dann auch unbedingt zuende lesen. Leider ist die Auflösung am Ende aber auch nicht die große Überraschung. Auch das Motiv für die Morde hat mir nicht wirklich gefallen, es gibt keine klugen Verflechtungen und Überraschungsmomente. Keine detektivische Arbeit, die einen ausgeklügelten Plan hinter dem Ganzen aufdeckt. Am Ende schreibt die Autorin, dass sie ihre Geschichte an eine wahre Person angelehnt hat, deren Motiv für die Morde aber nicht übernommen hat. Vielleicht merkt man das einfach bei der Geschichte. Gut gefallen haben mir auch die Personenübersicht am Anfang und die Hintergründe und das Glossar am Ende (wobei ich das Glossar lieber nicht erst am Ende gefunden hätte).

Fazit:

Die Thematik ist umfangreich, gut recherchiert und eigentlich auch interessant. Leider hat der erste Teil des Buches ziemliche Längen. Die Personen konnten mich nur teilweise überzeugen, einigen Charakteren und Handlungen fehlt es an Tiefe. Auch die Auflösung und das Motiv dahinter waren mir nicht überraschend und intelligent genug. Dennoch ist die zweite Hälfte des Buches dann doch noch spannend und interessant.