der sich schliessende kreis der sehnsucht

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littleskull Avatar

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nachdem der leseeindruck von "sehnsucht nach elena" ein vages, unvollstaendiges bild der geschichte liefert, habe ich nun in kuerzester
zeit den kompletten roman von joel haahtela gelesen.

es liest sich sehr leicht, wenn auch eine melancholische und fragile
atmosphaere aufgebaut wird, die im hintergrund immer bedrueckender wird.
was im leseeindruck nicht nicht klar gezeigt wird, ist, dass die namentlich
nicht genannte hauptfigur, ein alter mann ist.
das alter ist in diesem roman meiner meinung nach aber elementar. je weiter
man liest, desto mehr versteht man die (beweggruende der) hauptfigur.

alles faengt damit an, dass dieser alte mann am einem 12. januar
nicht wie gewoehnlich an der siebten haltestelle aus der strassenbahn
steigt, sondern schon - fuer ihn erstmal unerklaerlich - an der fuenften
haltestelle. dort im park sieht er sie zum ersten mal - elena. eine junge
frau mit langen dunklen haaren, die er fortan heimlich beobachtet. jeden tag
faehrt er in den park und wartet darauf, dass sie kommt.
das alter wartet quasi auf die jugend, sie gibt seinen leben eine art sinn, sie wird
fuer die naechsten monate seine leidenschaft, sein lebensinhalt.
er findet heraus, dass die jeden tag um etwa die gleiche uhrzeit zur universitaet geht.
er haette auch dort studieren sollen (wenn es nach seinen eltern gegangen waere), hatte
dann aber fuer sich selbst andere plaene. eines tages laesst sie ihr buch
"der idiot" von dostojewski liegen, waehrend er sie beobachtet und er nimmt
diesen schatz mit sich nach hause. im buch ist ihr name - elena - vermerkt.
durch den namen im buch, faengt der alte mann an, sich elenas leben
vorzustellen/auszumalen. seine eignene einsamkeit fuellt er mit tagtraeumen,
fantasien, zwiegespraechen ueber/mit elena aus.

eines tages kommt sein freund jan zu besuch, der eigentlich am meer wohnt.
er verbringt ein paar tage beim alten man, spricht ueber die gemeinsame
vergangenheit, laesst erinnerungen wieder aufleben.
trotz der verbundenheit der beiden alten herren, kann sich die hauptfigur
nicht ueberwinden, jan von elena zu erzaehlen.
er erscheint, als haette er angst, elena (wenn auch nur in erzaehlungen) mit
jan zu teilen.
jan kauft fuer seine daheimgebliebenene frau eva eine holzschachtel, weil
diese schachteln sammelt "die die vergangenheit beinhalten".
trotz jans anwesenheit faehrt der alte mann wieder in den park, um weiterhin elena zu beobachten.
er wundert sich etwas darueber, wie bedingungslos er die naehe dieser frau sucht (wenn auch aus der ferne).
an einem tag traegt elena einen gruenen rock, der den alten mann an vergangene tage erinnert. an einem
anderen tag sieht er elena mit zwei freundinnen aus dem schwimmbad kommen,
was ihm sonderbar vorkommt, da er sie vorher noch nie ausserhalb des parks gesehen hat.
sein freund jan faehrt nach ein paar tagen zurueck ans meer, vergisst aber
die kleine holzschatulle mitzunehmen, die er eigentlich seiner frau eva mitbringen wollte.

danach wird alles anders. schon vier tage ist elena dem alten mann nicht mehr begegnet,
er bekommt leise entzugserscheinungen, atemlos ist er, mit zittrigen haenden.
er macht sich gedanken, wird selbst ganz zertreut, kommt aus dem takt, bevor ihm einfaellt,
dass sommerferien sind und sie deshalb nicht mehr zur universitaet geht.
er beschliesst, in der uni die adresse von elena herauszufinden, um ihr noch
naeher zu kommen. drei elenas findet er im register. die sekretaerin, die im
die adressen zur verfuegung gestellt hat, hat eine tukan-brosche an ihrer
kleidung, die ihm auffaellt. sie sagt, der schnabel des vogels sieht aus,
als ob eine banane durch die luft fliegt. auf seine nachfrage hin bejaht
sie, schon mal in der heimat des vogels, südamerika, gewesen zu sein. einmal
dagewesen kommt man nicht mehr davon los, sagt sie. der alte mann versteht
voll und ganz, wie sie das meint. es geht ihm mit elena ja nicht anders.

nachdem er zwei falsche elenas durch telefonate herausfiltern konnte, wartet
er fuenf tage lang vor der wohnung "seiner" elena. doch die ist nicht da. er
erfaehrt aber von der frau, die elenas pflanzen giesst, dass sie einen job
auf einer insel an der kueste angenommen hat.
daraufhin beschliesst der alte mann, der einladung seines freundes jan folge
zu leisten und ihn an der kueste zu besuchen, im hinterkopf der gedanke, dass
auch elena sich dort irgendwo aufhaelt. damit endet der erste teil der geschichte, "der park".

weiter geht es mir dem zweiten teil des romans, "die insel". der alte mann
besucht seinen freund jan und dessen frau eva am meer, versucht seiner einsamkeit zu
entkommen, unternimmt etwas mit den freunden. nach einigen tagen zieht es ihn dann aber doch auf
besagte insel in der naehe der kueste, auf der sich elena aufhalten soll. also faehrt er
kurzerhand auf die abgelegene inseln in seesternform, beobachtet/beschreibt alles ganz genau, was er an
neuen eindruecken sammelt, nur elena findet er nicht, obwohl er diverse lokalitaeten der insel
aufsucht, wo ferienjobs vergeben werden.
eines morgens - nach einem naechtlichen vorfall, bei dem ein weibliches gast angeblich aus dem fester des
hotelzimmers "gefallen" ist, sieht er elena aus seinem zimmer kommen. sie ist eines der zimmermaedchen in
dem hotel, in dem er abgestiegen ist, um nach ihr zu suchen. nach zwei tagen wechselt das zimmermaedchen
allerdings und er sieht keinen grund mehr, dazubleiben.

wieder zurueck zuhause, setzt sich der roman im dritten teil "die stadt" fort. der alte mann entdeckt die geometrie,
seine verbundenheit zu elena. wenn man die linie von seinem zuhause ueber den park zu elenas wohnung und zurueck
zu seinem zuhause nachzeichnen wuerde, haette man ein gleichschenkliges dreieck. wie vorher schon, verbringt er die morgenstunden im park, die abendstunden vor elenas wohnung, bis sie eines tagen wieder zurueckkehrt.
ihm faellt sofort auf, dass etwas anders ist. elena hat eine neue frisur, wie viele andere auch, die aus den ferien zurueckkehren. aber vor elenas tuer wartet auch ein junger man, den er aus den schatten beobachten kann.
der alte mann muss weinen, weil er zu erkennen meint, dass der junge mann nun seinen platz an elenas seite einnimmt. den platz, den er bei elena nie gehabt hat.

eines tages wacht der alte mann auf und erinnert sich, dass sein 81. geburtstag ist. zum ersten mal gibt er zu, dass elena ihn stark an seine verstobene frau greta erinnert, die auch gerne gruen getragen hat, die farbe der hoffnung. er traut sich an die hinterlassenschaften/sachen seiner frau, die er bis dato nicht angeruehrt hatte, ordnet sein leben neu.

bis er eines abends elena alleine im cafe sitzen sieht. bei seiner ersten runde um den block sieht sie noch erwartungsvoll aus,
3 runden spaeter nur noch traurig. er geht ins cafe, fasst sich ein herz und setzt sich an ihren tisch. er "erraet", dass sie auf ihren freund wartet und erzaehlt seinerseits, dass er auch auf seine frau wartet, wobei diese im letzten herbst nach 25 ehejahren verstorben sei. was er elena nicht erzaehlt ist, dass er am 12. januar, an dem er elena das erste mal sieht, eigentlich
auf dem weg zum vereisten fluss war und dort selbstmord begehen wollte. aber das schicksal liess ihn zwei haltestellen frueher aussteigen und in den park gehen, wo er auf elena traf, die fortan seine gedanken bestimmte. ohne es zu wissen, hat elena sein leben gerettet, veraendert.

"alles in der welt verschwindet, doch nichts wird je vergessen", wie sein freund jan einmal sagte.

als er wieder in seine wohnung zurueckkehrte, entdeckte er das holzkaestchen, dass sein freund jan bei ihm vergessen hat.
er oeffnete es behutsam und entdeckte darin eine zeichnung, auf der ein mann unter einem baum sitzt und eine dunkelhaarige frau ihm im park entgegenkommt ...

ein einerseits leichtes und doch melancholisches buch, das zum nachdenken und philosophieren anregt.