Mit wenigen Worten sehr viel sagen

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Schon nach der Leseprobe war ich erstaunt wie viele die „Sehnsucht“ des Erzählers als Obsession oder Stalking beschrieben. Vielleicht bin ich etwas zu naiv an das Werk herangegangen, doch für mich bestand in keiner Lesesekunde der Eindruck, dass der Erzähler eine Gefahr für Elena darstellen könnte.

Sicherlich war dies ein geschicktes Werkzeug des Autors, doch ist Sehnsucht und das Gefühl von großer Verbundenheit zu anderen Menschen denn wirklich schon so unmöglich bzw. unrealistisch geworden, dass es sofort als Bedrohung wahrgenommen wird?

Dennoch hat die Geschichte eine vollkommen andere Richtung genommen, wie ich es erwartet habe.

Der Erzähler ist ein alter Mann, der namenlos bleibt. Am 12. Januar begegnet er im Park der jungen Elena, die ihn fortan fasziniert und in ihren Bann zieht. Dabei sollte dieser Tag für ihn eigentlich eine ganz andere Bedeutung bekommen. Jeden Tag kehrt der Mann zu Elena zurück, beobachtet sie aus der Ferne und erschafft sich selber ein Bild des Lebens der jungen Frau. Als sie im Park ihr Buch von Dostojewski liegen lässt nimmt er es mit nach Hause und hütet es wie seinen Augapfel.

Tatsächlich erinnerte ich mich während des Lesens an diverse Werke von Dostojewski, die zumindest inhaltlich Jo Haahtela’s Werk ähneln. Nach und nach erfährt der Leser mehr über das Leben des alten Mannes und kann philosophieren warum er sich Elena so verbunden fühlt.

Sowohl die fünfte Haltestelle der Straßenbahn als auch die Farbe Grün spielen dabei eine große Rolle, wobei Elena letztendlich zu einer ungeahnten Heldin wird. Heldin für einen traurigen und einsamen Menschen, den sie gar nicht kennt und im Grunde auch nicht kennen muss, denn Elena ist nichts weiter als eine Figur, eine Darstellung oder Projektion des Mannes zur Trauerbewältigung. Dieses Buch ist eine Empfehlung für alle die noch an die große Liebe glauben und den Schmerz beim Verlust eben dieser nachvollziehen können. Schließlich hat jeder Mensch seine ganz eigene Elena.