Ergreifend und herzerwärmend - Sehnsucht nach Mill River

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tinkerbell68 Avatar

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Das kleine Städtchen Mill River hat, wie andere Städte, die verschiedensten Bewohner. Eine, die dabei sicher hervorsticht und aufgrund ihrer abwesenden Anwesenheit geradezu geheimnisvoll wirkt, ist MaryMcAllister. Mary, die Protagonistin des Romans, ist eine alte Frau, die im Endstadium an Krebs erkrankt ist und sich direkt zu Beginn das Leben nimmt. Gefunden wird sie von ihrem langjährigen Freund Michael O'Brien, Priester der Gemeinde Mill River. Er ist es auch, der sich daraufhin an Marys und an sein Leben mit Mary erinnert und den Leser mitnimmt auf eine lange Reise voller mitfühlender Ereignisse, die sowohl Marys als auch sein Leben ausmachten und beeinflusst haben.
Die Geschichte wird abwechselnd in der Vergangenheit erzählt, als Mary als junges Mädchen missbraucht wird, ihren Mann Patrick kennenlernt und heiratet, dieser sich anschliessend als gewalttätig herausstellt, sie von ihm geschlagen und bleibende Schäden zurückbehält, Patrick nach einem Autounfall stirbt und sich ihre Sozialphobie, die ihr Leben bestimmt, verstärkt, als auch in der Gegenwart, in der Father O'Brien nun alleine ist und Marys Wünsche nach ihrem Ableben zu erfüllen hat.
Erzählt wird die Geschichte einer Frau, die zeitlebens in einem Kokon lebt und sich nicht daraus befreien kann; einer Frau, die so humorvoll und normal ist, dass man ihre Phobie zeitweise schlichtweg vergessen könnte, würde diese nicht wie ein großer Schatten in einer Ecke ihrer Marmorvilla lauern und Mary schaudern lassen, bei dem Gedanken, sich den Menschen stellen zu müssen. Begegnungen sind eine Tortur, es sei denn, es besteht der Moment, eine Person kennenzulernen und sie zu akzeptieren, so wie es gegen Ende des Romans Daisy gelingt. Und obwohl Mary keinen Kontakt zu den Bewohnern hat, lernt sie diese doch über Father O'Brien kennen und kann ihnen auf ihre Weise mit einer kleinen Überraschung oder einer Neuanschaffung helfen.
"Sehnsucht nach Mill River" ist ein sehr ergreifender Roman, der einem zum Ende hin die Tränen in die Augen treiben lässt. Die Autorin Darcie Chan lässt einen mitfühlen und bringt einem Mary so nahe, dass es einem wie eine Qual erscheint, bei den Ängsten, denen sich Mary stellen muß und doch nicht kann.
Die Geschichte liest sich sehr flüssig und hat mich so mitgerissen, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte.