Märchenhaftes Mill River

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sago Avatar

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Wer würde nicht gern in einer Kleinstadt wie Mill River leben? Hier zeigen selbst die Diebe Reue und geben ihre Beute zurück. Es gibt nur jeweils einen einzigen Bösewicht in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Die Geschichte spielt nämlich auf zwei Zeitebenen: Wir erleben die alte menschenscheue Dame Mary MacAllister, deren letzte Nacht anbricht. Die Handlung springt zurück zu ihrer Ehe, in der sie Gewalttätigkeit erlebte. Auch während ihrer Highschoolzeit wurde sie bereits von einem Lehrer vergewaltigt, was den Keim ihrer späteren Sozialphobie legte. Marys Ehemann verunglückt tödlich, und sie zieht sich endgültig von allen Menschen bis auf einen befreundeten Priester zurück. Aus der Ferne beobachtet sie die Einwohner von Mill River und wird dank ihres Reichtums zur geheimen Wohltäterin der Stadt. Immer wieder springt die Geschichte zwischen Marys vergangener Geschichte und Erlebnissen der Stadtbewohner nach ihrem Tod hin und her, bis zum Schluss sowohl das Geheimnis um ihre Wohltätigkeit als auch dunklere Geheimnisse gelüftet werden. Dass die hundekuchenguten Bewohner Mill Rivers nicht ins Lächerliche gleiten, sondern dem Leser ans Herz wachsen, ist der Autorin hoch anzurechnen. Normalerweise finde ich Geschichten, die auf zwei Zeitebenen spielen, etwas problematisch, auch wenn sie gerade in Mode sind. Meist bleiben dann beide Geschichten recht oberflächlich. Hier handelt es sich aber nur um eine Geschichte, die mich wirklich faszinieren konnte. Für mich als Pferde- und Katzenhalterin kam als besonderer Bonus noch Marys Vergangenheit auf einem Gestüt sowie ihr Siamkater dazu.
Ich hatte hier diesmal überraschend das Hörbuch gewonnen. Auch wenn ich kein Hörbuchfan bin, es war eine angenehme Abwechslung. Nur schade, dass es eine gekürzte Lesung war. Ich wäre gern tiefer in Mill River eingetaucht.