Ein leutseliger Mensch

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owenmeany Avatar

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Die dem Buch zugrunde liegende Intention finde ich spannend: del Buono rollt den unglücklichen Tod ihres Vaters durch einen Autounfall Jahrzehnte später auf und bildet anhand dessen die Familiengeschichte und ihr gesellschaftliches Umfeld ab.

Leider wird die Autorin ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht, obwohl sie akribisch recherchiert und in einem gewandten Stil schreibt. Das eigentliche Thema gibt wohl nicht ausreichend Fülle für die an sich mageren 200 Seiten her, so dass sie es mit allerhand Betrachtungen aufbläht, die ich teilweise deplaciert finde, z.B. die masturbierende Zweijährige im Zug.

Das Ganze wirkt auf mich wie das Ergebnis eines Brainstormings, denn die Gedanken sind nicht in Kapitel unterteilt, sondern in verschieden lange Abschnitte, was auf mich einen willkürlichen Eindruck macht. Erst auf Seite 128 kommt sie langsam zu Ergebnissen, mit den greifbaren Inhalten fällt mir auch die Lektüre leichter, aber diese bewegen sich dann doch allzusehr im spekulativen Bereich, z.B. über die Homosexualität. Da helfen mir dann auch keine "metaphysischen Ereignisse" über diese Kluft hinweg.

Die charmanten Gedankenreisen, die ich bei Capus und Geiger so schätze, haben hier bei mir nur einen schalen Nachgeschmack hinterlassen. Deshalb kann ich das Buch trotz des Lobs prominenter Schriftsteller nicht guten Gewissens empfehlen.