Ein stilles, tiefgründiges Buch, welches viele philosophische Fragen aufwirft

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
schlingpflanze Avatar

Von

Das Buch “Seinetwegen” von Zora del Buono ist eine Reise durch die Vergangenheit.
Um Antworten auf Fragen zu finden, die sich über eine Lebensspanne von über 60 Jahren formiert haben, recherchiert die Autorin, reist in die Gegend wo der Unfall geschah, trifft Menschen und versucht, sich eine gewisse Klarheit zu verschaffen.
Mit “Seinetwegen” ist dabei der Unfallverursacher gemeint, kurz E.T., der damals im Jahr 1963 mit einem riskanten Überholmanöver das Auto des Vaters rammte, der daraufhin starb. Wie konnte der Mann sein Leben leben mit dieser Schuld?
Zurück blieben seine Frau und die damals nur 8 Monate alte Zora.
Trotz der Tatsache, dass der Vater ihr unbekannt war, prägen seine Abwesenheit und sein Tod das Leben von Mutter und Tochter. Es ist diese Leerstelle, die sich schmerzlich durch deren gesamtes Leben zieht.
Aus Rücksicht auf die Mutter und deren tiefe Traurigkeit, spricht Zora nicht vom Vater, stellt keine Fragen und vermeidet bzw. wechselt das Thema, das sie anzusprechen nicht ertragen kann, weil sie den Schmerz der Mutter spürt.
Und so haben sich über Jahrzehnte nun Fragen angehäuft, die sie plötzlich einfach für sich klären möchte, sicher auch, weil sie einen Abschluss finden muss.
Die Mutter, inzwischen dement und im Heim lebend, muss nicht länger geschützt werden und setzt somit die Voraussetzung diesen Schritt zu gehen.
So reist die Erzählerin, trifft auf Menschen, bekommt Antworten, die jedoch weitere Fragen aufwerfen.
Mir gefallen die Unterhaltungen zwischen Zora, Isadora, Henri und Munz sehr gut. Henri fragt z.B., ob man wirklich fürs Leben geschädigt ist, wenn in der frühkindlichen Bindung etwas schiefläuft und Munz erklärt, dass er sich radikal von seiner Mutter befreien musste, da diese ihn als ihr Eigentum ansah.
Worauf Isadora entgegnet, dass doch immer irgendetwas schiefläuft.
Zora bemerkt daraufhin: “ Wir haben schon eigenartige Geschichten. Ein Kind als Ersatz für den ertrunkenen Bruder, ein totgefahrener Vater, eine ledige Mutter, die ihren Kindern die Namen ihrer leiblichen Väter vorenthält, eine Frau, die ihr Kind dem Psychiater schenken will.

Mir hat das Buch und die Entschlusskraft der Autorin sehr gefallen.
Es ist keine leichte Lektüre, sondern erfordert, dass man sich auf das Buch einlässt und konzentriert.
Dabei setzt es aber viele Gedankenimpulse frei und lies mich als Leserin sehr nachdenklich über meine eigene Geschichte philosophieren.
Ein sehr gutes und wichtiges Buch.