China als Fake oder Österreich als Original?

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bibliophil04 Avatar

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Dominika Meindl legt mit "Selbe Stadt, anderer Planet" einen Roman vor, der den Leser ambivalent zurücklässt. Der Klappentext liest sich interessant: Die Autorin möchte fiktive Geschichten um die Kleinstadt Hallstatt im Salzkammergut und dessen Nachbau in der südchinesischen Provinz Guangdong spinnen und darin sowohl wahre Begebenheiten mit erzählerischem Geschick zu verknüpfen. Das gelingt leider aber nur halbherzig, da der Roman insbesondere sprachlich einige Wünsche offen lässt.
Überzeugt auf der einen Seite noch, dass die Autorin sehr spärlich mit Dialogen umgeht und sich in Beschreibungen verliert, die zwar die Landschaften nur marginal behandeln, aber dennoch einen Eindruck in die jeweilige Szenerie erlauben, muten die Vergleiche der Autorin teilweise sehr skurril an. Sätze - um nur ein Beispiel von vielen zu nennen - wie "Rechts ein Q7 in Perlmuttlackierung, links ein X6 in schwarzem Mattlack, der sie so in innerliche Rage versetzt, dass sie sich fragt, ob sie recht oder PMS hat" (S. 93) werfen nicht nur die Frage auf, ob das wirklich noch Literatur ist, sondern verleiten fast zum Abbruch des Romans.
Es lohnt dennoch, dem Roman eine Chance zu geben und bis zum Ende zu lesen. Die Geschichte entwickelt sich entsprechend der höheren Seitenzahlen und legt insbesondere im letzten Drittel des Buches nochmal interessante Fakten offen. Schade ist, dass zum Beginn des Buches verpasst wird, in die wahren Begebenheiten und die Geschichte hinter Imitation und Overtourismus des wahren Hallstatt im Salzkammergut hinzuweisen.