Alkohol, Armut und unerschütterliche Liebe

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Hugh "Shuggie" Bain wächst in den 80er Jahren im Glasgower Arbeitermilieu auf. Seine Kindheit ist geprägt vom zunächst untreuen und später abwesenden Vater, der Alkoholkrankheit seiner Mutter und der finanziellen Abhängigkeit von den Zahlungen des Sozialstaates. Als seine beiden großen Geschwister der belastenden Familiensituation entfliehen, sieht "Shuggie" sich alleine in der Pflicht, seine Mutter vor der Selbstzerstörung zu bewahren, das wenige Geld zusammenzuhalten und sich der Anfeindungen durch seine Mitschüler zu entziehen. Denn der Junge ist ganz anders, als es sein Umfeld von ihm erwartet: feminin, zart und sensibel.

Douglas Stuart legt mit dieser autobiographisch inspirierten Milieustudie einen Debütroman vor, der mit schonungsloser Direktheit die Verzweiflung, Wut und toxischen Beziehungen der Protagonist*innen spürbar macht und dennoch die Liebe zwischen Mutter und Sohn auf so zärtliche und bedingungslose Weise zum Ausdruck bringt. Als Leserin zerriss es mir teilweise beinahe das Herz, die unerschütterliche Hoffnung "Shuggies" mit der offensichtlichen Ausweglosigkeit der Situation konfrontiert zu sehen. Auch die Figur der Mutter Agnes ging mir sehr unter die Haut, denn neben all der emotionalen Gewalt, die sie ihren Kindern antut, werden ihr Wünsche und Hoffnungen, sowie die tragische Sehnsucht nach einem besseren Leben für die Familie greifbar.

Meine Erwartungen an diesen Roman waren durch seine Auszeichnung mit dem "Booker Preis 2020" sehr hoch und ich wurde nicht enttäuscht. Mehrere Tage nach dem Lesen hallt diese intensive, tief traurige und berührende Geschichte immer noch schmerzhaft, aber warm nach.