Autopsie eines Verfalls

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Shuggie ist anders als die Jungen in seinem Alter. Er ist femininer und achtet nicht nur auf sein Äußeres, sondern auch auf seine Sprache, was in Pithead, einem Sozialviertel, alles Andere als leicht ist. Vorbild hierfür ist seine Mutter Agnes, die immer elegant und mit erhobenem Haupt das Haus verlässt. Egal, wie arm sie sind. Egal, wie sehr der Kopf vom Kater schmerzt. Egal, wie stark das Zittern der Hände ist, weil den Körper ein unstillbares Verlangen treibt. Shuggie und Agnes. Ein außergewöhnlicher Junge, noch ein Kind. Und eine Mutter, die er retten will. Doch die ihre Rettung auf anderen Wegen sucht.

Shuggie Bain ist eine Autopsie eines Verfalls. Über Jahre hinweg beobachtet der Leser die Familie um den kleinen Shuggie, die sich immer mehr auflöst. Dabei steht die Protagonistin sinnbildlich für die Zerstörung. Eine schöne und stolze Frau, die so vielen Einflüssen ausgesetzt ist, dass sie daran zerbricht und somit selbst zum Zerstörer wird.

Douglas Stuarts unglaublich beeindruckender Roman kann sich nicht nur optisch mit Hanya Yanagihara messen (typisch HanserBerlin). Auch literarisch erinnert "Shuggie Bain" an "Ein wenig Leben" und gehört für mich somit zu den ganz großen Werken der diesjährigen Veröffentlichungen.

Eine Geschichte so berührend wie sein Cover!

Absolute Lese-Empfehlung!