Keiner durfte ein nagelneuer Mensch werden

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Glasgow in den 80er Jahren.
Der fünfjährige Shuggie lebt zusammen mit seiner Mutter Agnes und seinem Vater Hugh "Shug" Bain bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Sighthill.
Auch sein Halbbruder Leek und seine Halbschwester Catherine leben bei ihnen.
Shuggies Vater ist Taxifahrer, hat Affären mit anderen Frauen und ist größtenteils abwesend. Agnes ist unglücklich mit ihrer Beziehung, trinkt gerne und zieht nach einem Streit mit ihren Eltern und auf Shugs Drängen hin mit ihrer Familie nach Pithead. Agnes wünscht sich ein besseres Leben, aber die Armut und die Tristesse in der Arbeitersiedlung treiben sie immer mehr in die Alkoholsucht.
Catherine heiratet jung und verschwindet mit ihrem Mann nach Südafrika um ihrem Umfeld zu entfliehen. Shuggie wird von seinen Mitschülern und Nachbarn gehänselt, da er feminin wirkt und nicht zu ihnen passt. Auch nachdem Agnes einen neuen Mann kennen lernt, einen Job findet und ein Jahr lang trocken ist, fällt sie nach einiger Zeit wieder zurück in ihre Sucht.
Immer mehr Menschen wenden sich von ihr ab, das Verhältnis zu ihren Kindern wird mit den Jahren nur noch angespannter, bis auch Leek seinen eigenen Weg geht.
Shuggie und Agnes ziehen in eine neue Nachbarschaft in der Hoffnung ein neues Leben zu beginnen, scheitern aber schließlich daran.

Dem Autor gelingt es problemlos das Leben in der Arbeiterklasse der Thatcher-Ära im postindustriellen Glasgow zu beschreiben. Im Laufe der Geschichte sehen wir, wie die einzelnen Protagonisten sich von Agnes Sucht mehr und mehr in den Abgrund ziehen lassen und wie hoffnungslos und grau sich ihre Zukunft gestaltet. Als Leser wünscht man sich einfach nur, dass sich am Ende alles zum Guten wendet und sowohl Agnes als auch ihre Kinder aus dem Teufelskreis ausbrechen können und erkennen, dass sie nur sich selbst retten können.

Mir haben die vielschichtigen Charaktere und glaubhaften Beschreibungen der damaligen Zeit besonders gefallen. Da das Buch autobiographische Bezüge aufweist, war es umso spannender und herzzerreißender zu lesen. Auch der flüssige Schreibstil und der eingebaute Glasgower Stahlarbeitderdialekt, machen das Lesen zu einem besonderen Erlebnis.
Den Booker Prize hat der Autor zurecht für dieses Erstlingswerk erhalten.

"Shuggie Bain" ist ein Muss für alle, die sich nicht von gewagten, ehrlichen und erschreckenden Beschreibungen vergraulen lassen und nicht auf Happy Ends hoffen.