Verlierende Hände

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constanze_pachner Avatar

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"Glasgow zur Thatcher-Zeit. Shuggie wäre gern wie die anderen Jungen in der Arbeitersiedlung, aber sein Gang ist feminin und er hasst Fussball. Er liebt alles Schöne, vor allem seine Mutter Agnes, die der Armut und Tristesse ihres Daseins mit stolzer Eleganz und makellosem Make-up entgegentritt, egal wie viel sie getrunken hat. Sie vorm Trinken zu bewahren, ist die Aufgabe, der sich Shuggie mit unbedingter Liebe verschreibt..." (Klappentext)

Nach dem verschlingen dieser Lektüre kann ich bekanntgeben, dass ich mit jeder Faserung meines Gemütes den Weg von Shuggie miterlebte:
in heller Aufruhr ergriffen mich bibbernde Wutblasen, körperlich steigende Erhitzungen lösten sich in einen nach innen gerichteten Tränenrotz auf, und in all der auswegslosen Grausamkeit verwandelte Shuggie hin und wieder meinen Bauch in einen lachend brodelnden Vulkan.

Für ein Jahr lang bleibt die Mutter im Gleichgewicht. Doch dann schlägt der Auftrag der albernen 'Normalitätsgesellschaft' in Form eines netten Mannes zu:

"Weil...weil es dat is, was normale Leute machen...Kuck, nurn Schlückchen. Einfach wegen der Gesellschaft...Dir passiert schon nix. Du bist jetzt ne andere Frau..." (349)
Liebe Agnes, Normalität gibt es nicht, leider konnte die Angst Dich nicht zurückhalten, sondern besiegte Dich mit einem fies von hinten anschleichenden Dolch. Unfassbare Wirklichkeit!

Weitere Schmerzen trampeln Shuggies Weg platt, bis er begreift, dass seine am Mutterseil ziehenden Hände den Kampf verlieren, da Agnes diejenige ist, die sich mit ihren eigenen Händen selbst tragen muss.
Meine Jojo begriff dies, denn sie durfte ihre Nini, ihr erstes Enkelkind, erst trocken sehen, so dass sie bis zu ihrem Tod 36 Jahre lang trocken war.

Und Shuggie, Du musst kein niegelneuer Mensch werden, Du bist, wer Du bist und zwar einzigartig wundervoll.