Schweizer Dorfgeplänkel mit Krimihandlung

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
adel69 Avatar

Von

Die Handlung:
Johan Havermann ist tot. Offensichtlich ermordet. Er wurde über 80 Jahre alt und hatte vor seinem Ableben sein Grundstück an Felix Blauwyler verkauft. Das ist ein Millionär, dem vorschwebt, auf einem Naturschutzgebiet sein Projekt „Village Green“ zu bauen. Er preist an, dass diese Wohnsiedlung umweltfreundlich und ökologisch sinnvoll sein soll.

Es gibt genug Gegner dieses „Village-Green-Projektes“ in Waldstadt in der Schweiz, einem Ort mit allerhand Leuten, die der Leser fast alle kennenlernt, bevor er weiß, dass der Tote, den Fliegen umschwirren, Johan Havermann ist.

Da gibt es Zita Schnyder und Meier, ein unverheiratetes Paar, das einen kleinen Sohn, namens Finn, hat. An einem Sonntag soll die Taufe stattfinden. Bei Helen Himmel im Garten wird gefeiert werden. Vreni Hugentobler, eine Freundin von Helen, macht sich Gedanken über das Taufmenü. Irgendwann plant auch der Pfarrer, zur Taufgesellschaft zu stoßen.

Dann gibt es Hannah Lienert, die Gemeindepräsidentin, die Felix Blauwyler beim Walken trifft. Sie unterhalten sich darüber, dass es an diesem Sonntag in Waldstadt besonders viele Fliegen gibt.

Bei der Polizei in Waldstadt – abgekürzt KAPO – arbeiten etliche Leute. Beispielsweise Sabine B., die alle „Beanie“ nennen. Kretschmer ist ihr Kollege. Weitere Kollegen sind der Polizeichef Fasuto Signorelli, Polizist Lips, die Pathologin Anna Quetes, Kreuzbühler.

Alle haben ihre eigenen Probleme, bis sie endlich informiert werden, dass Johan Havermann tot ist. Gefunden hat ihn eine ältere Dame, die ihn kannte. Nun gilt es, seine Mörderin oder seinen Mörder zu finden. Hat der Mord vielleicht etwas mit „Village Green“ zu tun? Oder was steckt dahinter?


Der Schreibstil:
Das Buch ist locker geschrieben – aus der Sicht eines auktorialen Erzählers (also kein Ich-Erzähler). Es gibt viele Dialoge, geschrieben ist alles in der Vergangenheit. Die wichtigsten Personen sind glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt.


Meine Meinung:
Ich mag den Schreibstil der Autorin, auch die Tatsache, dass sie manche Wortneuschöpfungen in dem Roman untergebracht hat – beispielsweise „Brüllbeutel“ für Zitas Sohn Finn.

Leider hat die Autorin zu viele Personen in ihren Roman gepackt, die ihre eigenen Probleme haben und für viele Nebenhandlungen sorgen. Dass alle wichtig sind für die Krimihandlung, meine ich nicht. Sie machen aus dem Roman eher einen „Dorfroman mit integrierter Krimihandlung“. Als Leser erfahren wir, wie Pensionswirtin Josefa in den Wäschekeller geht und was sie dort macht. Oder, dass Zita eine Freundin, namens Eski, hat, die auch zur Taufe von Finn kommt. Oder wie sich Vreni über das Taufmenü Gedanken macht. Da gehen dann auch mal die Gedanken des Lesers spazieren…

Dabei haben viele Leute ganz komische Namen – ich lese beispielsweise von einem Hannes Sütterlütt, von einer Vreni Hugentobler. Solche Namen ziehen – meiner Meinung nach – eine Krimihandlung etwas ins Lächerliche.

Wann kommt die Krimihandlung?, fragte ich mich mehrmals beim Lesen. Ja, die Krimihandlung muss man oft suchen. Weniger Personen und ihre Sorgen, Nöte und Schicksale, die im ganzen Buch ausgebreitet sind, hätten dem Buch gut getan. Dadurch hätte die Krimihandlung dominanter werden können.

Die Botschaft, die das Buch u.a. rüberbringen soll, ist schon gut: Wie kann man Interessenkonflikte zwischen Naturschützern und Millionären, die angeblich energiesparende Großprojekte planen, lösen? Was kann man selbst tun, damit nicht so viele Naturflächen irgendwelchen Industrieprojekten zum Opfer fallen?

Das Buch strotzt vor Personen, die allesamt verdächtig sein könnten – und dadurch wirkt für mich der Roman überladen. Der Schluss war überraschend, damit habe ich nicht gerechnet – und das ist einer der Vorzüge des Romans.


Schreibfehler:
Leider gibt es sie auch. Zwei will ich nennen. Hat das Lektorat des Verlages diese übersehen?

So lese ich mal „am Terrain ausstecken“. Richtig muss es heißen: „am Terrain-Ausstecken“. Auch ist falsch „zum wahnsinnig werden“. Richtig muss es heißen: „zum Wahnsinnig-Werden“.

Solche Schreibfehler stören mich bei der Lektüre leider auch.


Mein Fazit:
„Sicht unsichtbar“ von Gabriela Kasperski ist ein Roman über Menschen im Schweizer Ort Waldstadt. Sie müssen sich nicht nur mit dem Hickhack um die von einem Millionär geplante Siedlung „Village Green“ auseinandersetzen, sondern auch mit einem Mordfall.

Der Roman ist modern und locker geschrieben. Leider gibt es zu viele Personen und zu viele Nebenhandlungen, die es für den Leser oft mühsam machen, sich auf die Krimihandlung konzentrieren zu können.

Ich vergebe diesem Buch drei Sterne.