Mitreißender und fesselnder Roman

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monika85 Avatar

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Der Claassen-Verlag hat "Siegfried" veröffentlicht, den neuen Roman von Antonia Baum.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die namenlose Ich-Erzählerin, die eines Morgens nach einem Streit mit ihrem Mann ganz spontan beschließt, in die psychiatrische Ambulanz zu fahren, um sich dort helfen zu lassen. Barfuß kommt sie dort an, und während der langen Stunden des Wartens lässt sie ihre Vergangenheit Revue passieren.

Die Ich-Erzählerin ist Autorin, Mitte Dreißig und seit 8 Jahren mit ihrem Ehemann Alex zusammen. Dieser ist 5 Jahre jünger als sie und arbeitet als Barmixer und Umzugshelfer. Die beiden haben eine kleine Tochter, Johnny. Die Beziehung steckt in einer Krise, die Ich-Erzählerin ist vollkommen überfordert. Sie fühlt sich vom Verlag unter Druck gesetzt, finanzielle Probleme belasten sie und gefährden den Lebensstandard. Hinzu kommt ihre ständige Angst, Alex zu verlieren. Ihr Stiefvater Siegfried spielte immer eine wichtige Rolle im Leben der Ich-Erzählerin. Er ist erfolgreich in seinem Beruf und hat es zu einem gewissen Wohlstand gebracht, nach dem auch sie sich sehnt. 

Während der Wartezeit in der Psychiatrie blickt sie auf ihre Kindheit zurück, erinnert sich an das Zusammenleben mit der angepassten Mutter und dem unberechenbaren Siegfried. Bei Hilde, Siegfrieds Mutter, verbringt sie ihre Schulferien, damit die Eltern verreisen können. Hilde ist sehr speziell, sie spornt das Mädchen zu Höchstleistungen im Schwimmsport an und bestimmt den streng geregelten Tagesablauf.

Der Roman ist ganz wunderbar und intelligent erzählt und hat mich von Beginn an gefesselt. Die Autorin beschreibt die Figuren sehr intensiv und authentisch: die überforderte und unsichere Ich-Erzählerin, die unglückliche und angepasste Mutter, den ehrgeizigen und aufbrausenden Stiefvater und als Gegenpol Siegfrieds den schweigsamen und erfolglosen Alex.
Mich hat die teilweise bedrückende Geschichte sehr berührt, besonders das früh durch die Mutter geprägte angepasste Kind hatte mein Mitgefühl. Das stets bemühte Verhalten, es anderen recht zu machen, zeigt sich bereits im Kindesalter und wird nicht nur sehr deutlich im Umgang mit Siegfried, sondern auch während der Ferienaufenthalte bei der dominanten Großmutter. 

Dieses großartige Buch zeigt einmal mehr, wie sehr wir durch unsere Eltern beeinflusst und geprägt werden.
Klare Leseempfehlung!