Ohnmacht

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_lesewesen Avatar

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So geht’s nicht weiter, merkt die namenlose Protagonistin, und fährt in die Psychiatrie. Hatte ich hier erwartet, dass der nächste Teil der Geschichte vom Alltag und Heilungsprozess in der psychiatrischen Abteilung handelt, so hatte ich mich total getäuscht. Stattdessen lässt uns die Hauptfigur an ihrer Beziehung zur Großmutter in Kindheitstagen teilhaben, die äußerst skurril erscheint. Auch das damalige Zusammenleben der 9jährigen mit ihrer Mutter und dem immer arbeitenden Stiefvater Siegfried wird beleuchtet. Ihren jetzigen Alltag bestimmt von Geldnöten, Entfremdung vom Partner und zu viel Verantwortung lernen die Lesenden kennen. Auch dass ihr Denken sich immer wieder um Siegfried dreht, dass sie dieser Spirale nicht entkommen kann, wird deutlich.
Die Erzählung entwickelte einen regelrechten Sog, man steckte selbst fest in diesen geschilderten Familienbanden und in einer gewissen Hoffnungslosigkeit. Trotz dieser tristen Atmosphäre und der Ohnmacht der verschiedenen Charaktere, ihrer Kommunikationslosigkeit, habe ich dieses Buch unglaublich gern gelesen. Antonia Baum ist es gelungen, den Mikrokosmos der Protagonistin glaubhaft darzustellen und die Schwächen der Charaktere ans Licht zu bringen.