Ratlos.

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Um ehrlich zu sein, lässt mich der Roman "Siegfried" von Antonia Baum etwas ratlos zurück.

Es ist das erste Buch der Autorin, das ich gelesen habe und so war mir ihr Erzählstil bisher nicht vertraut. Die Leseprobe fand ich zunächst interessant, weil ich dachte, es könnte eine spannende Geschichte werden. Tatsächlich wird nichts, was der Anfang verspricht, eingelöst.

Zunächst wird behauptet "Siegfried ist mein Stiefvater, aber er war immer da, ich bin mit ihm aufgewachsen." Tatsächlich kommt dieser titelgebende Stiefvater in der Geschichte aber kaum vor, es ist nicht klar, ob überhaupt eine persönliche Beziehung der Protagonistin zu ihm besteht. Warum er angeblich so eine große Bedeutung haben soll, ist rätselhaft. Die Beziehung der Ich-Erzählerin zu Siegfrieds Mutter scheint viel prägender zu sein, wird aber zwar beschrieben, jedoch später von der Protagonistin praktisch nicht reflektiert.

Immer wieder betont die Erzählerin, dass sie gerade in die Psychiatrie fährt, dies wird allerdings auch bloß wiederholt und nie irgendwie näher beleuchtet. Beim dritten Mal ist das dann auch nicht mehr so spannend.
Ansonsten passiert in dem Buch eigentlich nichts und es gibt auch nichts, was mich inhaltlich irgendwie interessiert hätte. Keines der angeschnittenen Themen wird je vertieft oder ausgearbeitet, einiges wird behauptet, aber nie tatsächlich dargestellt. Die Figuren sind teils etwas skurril, wirken aber nie plastisch oder lebendig, die Protagonistin ist unsympathisch und langweilig.

Letztlich ist es ein kurzes, etwas plumpes Portrait einer mitteljungen Frau, die von sich selbst überfordert ist und nie aus einer leicht larmoyanten passiven Selbstbespiegelung herausfindet.

Völlig verreißen möchte ich das Buch dennoch nicht, denn man merkt, dass hier jemand wirklich schreiben und mit Sprache umgehen kann. Ein paar gute Ansätze gab es auch, nur dass diese regelmäßig im Sande verlaufen. Was mir die Lektüre gebracht hat: mich nochmals darin bestärkt, niemals Romane zu lesen, deren Protagonist/in Schriftsteller/in ist.