Spannende Ich-Erinnerungen

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heike lohr Avatar

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Das Buch baut verschiedene Erwartungshaltungen auf, die enttäuscht werden. Der Weg in die Psychiatrie reißt verschiedene Wunden auf, die in Rückblenden wirklich aus der Sicht der jeweiligen Altersstufe erzählt werden.
Der Stress mit dem Partner Alex, die Schwierigkeiten, die Tochter zu versorgen, werden immer mit der Sehnsucht nach Siegfried verbunden.
Gut charakterisiert wird der schweigsame Künstler Alex, mit dem sie trotz seiner schwierigen Situation und seiner schwierigen Elternbeziehung glücklich ist.
Siegfried wird als schwieriger, doch fürsorglicher Vater geschildert, der die Tochter besonders verwöhnt, besonders nachdem die Mutter die Familie verlassen hat.
Das passiert nach dem Amerikaaufenthalt der Eltern.
Die Ich-Erzählerin hat deswegen die Sommerferien bei der schrulligen Großmutter väterlicherseits verbracht. Sie ist sparsam mit dem Essen, kocht einfach, verkocht die Reste und hält auf einen strengen Tagesablauf. Dabei ist es verboten in Spiegel zu schauen und Grimassen zu schneiden.
All das wird detailreich, genau und realistisch geschildert. In Kleinigkeiten werden die Abgründe, die die Erzählerim in der jeweiligen Phase nicht wissen konnte, enthüllt. Auch das Bild der vermeintlich psychisch kranken Mutter dekonstruiert, langsam abgebaut. Die Mutter, welche immer putzt und alles in Ordnung hält.
Als sie fröhlicher und selbstbewusster zurückkommt, wird es nachts lauter und sie kann einmal den Arm nicht mehr bewegen. Morgens sind leere Weinflaschen zu sehen.
So allmählich wird die wahre Kindheitsgeschichte enthüllt. All das, während die Mutter auf der Ambulanz der Psychiatrie wartet. Schließlich ist die bereit in den Alltag zurückzukehren. Siegfried bleibt trotz allem ihr Fixpunkt, den die realistisch zu sehen beginnt.
Die Brüchigkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen werden indirekt aus Personenperspektive gezeichnet.
Das Cover verweist mit dem unscharf fotografierten Gesicht sowie dessen Schatten auf die Schattenexistenz des inneren Kindes sowie der prägenden Erinnerungen.
Ein absolut entlarvender Seelentrip, der fesselnd ist.