Langsam bröckelnde Fassade

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bedard Avatar

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Ein ganz normaler Tag im Leben von Katharina: ihre Tochter Helli muss wegen heftigen Nasenblutens aus der Schule abgeholt werden, ihren Musikunterricht kann sie deshalb nicht erteilen, dann steht Hellis Reitstunde an, bei den Nachbarn gibt es einen tragischen Unfall...
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, denn Katharinas Alltag ist vollgepackt mit Familie, Haushalt, unbefriedengendem Musikunterricht und der angespannten Wochenendbeziehung mit ihrem Mann, der seit einem Jahr pendeln muss.
Bis zu diesem Punkt werden sich viele Frauen wiedererkennen, auch wenn bei Katharina alles noch eine Spur "mehr" ist.
Aber Katharina hat vor zwei Wochen einen Knoten in der Brust entdeckt, den sie das Etwas nennt. Familiär vorbelastet, braucht sie keinen Arzt, um von ihrem baldigen Tod auszugehen. Noch hat sie mit niemandem gesprochen, will ein letztes Mal ein normales Wochenende verbringen. Doch je länger dieser turbulente Freitag dauert, desto mehr bröckelt ihre Fassade.

Man könnte meinen, dass dieser Roman schwer und düster geschrieben ist, aber das Gegenteil ist der Fall. Ausschließlich aus Katharinas Sicht geschrieben, begegnet man den skurrilen Nachbarn, lernt die überaus anstrengende Helli und deren älteren, ausgeglichenen Bruder kennen und begegnet schließlich dem WG-Freund aus Katharinas Studienzeit.
Die Ich-Erzählerin lässt ihr gesamtes Leben an diesem Tag in Häppchen an sich vorbeiziehen, muss alte Gewissheiten neu bewerten und sich schließlich neu positionieren.

Man muss sich auf dieses Buch einlassen und möglichst dabeibleiben, dann kann man den schönen Sprachstil uneingeschränkt genießen. Die Charaktere sind einfach wunderbar beschrieben, mit viel Liebe zum Detail lässt die Autorin scheinbar mühelos Bilder entstehen.
Einen extra-Stern verdient eigentlich das wunderschöne Cover, das sich wohltuend aus der Masse heraushebt und tatsächlich auch einen Bezug zu einer bestimmten Szene im Roman hat.