Was eine harmlose kleine Leseprobe doch alles anrichten kann...

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Nach der Lektüre der Leseprobe war mein Eindruck, das das Autorengespann sich darauf versteht, den Leser durch eine temporeiche Handlung sofort in den Fall hineinzuziehen, so daß er gar nicht anders kann, als dem Geschehen atemlos zu folgen und die Welt um sich herum völlig zu vergessen. Die Frage, ob es gelingen könnte und würde, den Spannungsbogen durch das gesamte Buch hindurch konstant beizubehalten, drängte sich entsprechend auf. Und, nachdem ich die letzten Seiten gerade vor wenigen Minuten zu Ende gebracht habe, kann ich dies nur nachdrücklich bejahen.

Auf den ersten Seiten finden bereits zwei Opfer den Tod, ein Mann wird auf einem großen Eiszapfen quasi gepfählt, ein Transvestit auf seinem Nachhauseweg ertränkt. Als wäre das schon nicht aufregend genug, sind wir als Leser nicht nur hautnah bei der Tat dabei, sondern wissen bereits, daß der Täter die Taten filmt. Noch ahnen wir nicht, um wen es sich dabei handelt oder welche Motive ihn zu derartigen Taten treiben, aber die vermeintliche Nähe zu ihm ist beklemmend und aufregend gleichermassen.

Das FBI hingegen sieht die Dinge etwas anders, als es die Videos von den Taten auf frei zugänglichen Internetseiten entdeckt. Man ist schockiert über die Kaltblütigkeit des Täters und fest entschlossen, ihn in seine Schranken zu verweisen. Gewachsen ist man ihm allerdings nicht, denn er ist doch tatsächlich klug genug, seine Spuren so gründlich zu verwischen, daß man ihn nicht ausfindig machen kann.

An dieser Stelle kommt das Team von Monkeewrench ins Spiel, denn das Federal Bureau sieht ein, daß es ohne Hilfe in diesem Fall nicht weiterkommen wird, und beauftragt daher einige Hacker damit, sich auf die Suche nach der Herkunft der Filme und dessen Ersteller zu machen. Die Gruppe rund um den inoffiziellen Anführer Harley Davidson verzeichnet schnell erste Erfolge, kann nachweisen, daß der Täter mehr Morde durchgeführt hat als ursprünglich angenommen und sie zudem jeweils vorher angekündigt hat. Bald stoßen zu FBI-Mann John Smith und den Monkeewrenchern auch noch die Polizisten Leo Magozzi und Gino Rolseth und gemeinsam kommt man Stück für Stück der Lösung näher, die schlußendlich völlig anders ausfällt als erwartet.

Daß die Führung durch die Handlung nicht von einem Ich-Erzähler, sondern von einer dritten Person übernommen wird, ist angesichts der Fülle von agierenden Personen wohl eine weise Entscheidung. Denn so lernt man alle Beteiligten schnell kennen (und in den meisten Fällen schätzen, da das Buch vor Sympathieträgern eigentlich nur so strotzt), ohne einer subjektiv empfundenen Sichtweise unterworfen zu sein. Was gerade für jemanden wie mich, der die vorangegangenen Bände (Spiel unter Freunden, Der Köder, Mortifer, Memento) nicht kennt, durchaus hilfreich ist. In die gegebenen Strukturen kann man sich jedoch auch ohne Vorkenntnisse schnell hineinfinden. Zwar fehlt das Wissen um einige Ereignisse aus der Vergangenheit, die Erwähnung finden und wohl auch den Handlungen einiger Personen zugrundeliegen (allen voran Grace, die Königin der Paranoia), doch die Autorinnen geben dem Leser alles wissenswerte an die Hand. Und das derart subtil, daß Fans der Serie, die ja schon darum wissen, wer mit wem und wer nicht mit wem und warum, sich nicht langweilen dürften.

Langeweile ist überhaupt ein Wort, das man mit diesem Buch definitiv nicht in Verbindung bringen kann. Von den persönlichen Verwicklungen einmal ganz abgesehen, gibt es schließlich Morde aufzuklären. Das dies durch eine Mischung von Können der Computerprofis und altmodischer Polizeiarbeit gelingt, ist schlüssig und zudem auch erfrischend, wie ich finde.

Positiv aufgefallen ist mir zudem der Sprachstil. Bildhaft und sehr anschaulich, ohne jedoch ins Schwafeln zu geraten oder gezwungen zu wirken, bringen die beiden Damen uns nicht nur die Morde und deren Aufklärung, sondern auch die gut durchdachten Charaktere näher. Die beiden Polizisten gehören der alten Schule an, vertrauen zwar auf Computer, FBI, CSI und was es sonst noch so an technischer Unterstützung gibt, haben jedoch auch ein feines Gespür für Menschen und einen tief verankerten Gerechtigkeitssinn. Über das Monkeewrench-Team erfahre ich als Tracy-Neuling hier etwas weniger, fremd sind sie mir jedoch nach Beendigung meiner Lektüre nicht mehr. Sie sind nicht sonderlich daran interessiert, sich mit Polizei und FBI herumzuschlagen, was angesichts der Tatsache, daß sie mit ihren Aktionen nicht allzu gesetzeskonform agieren, wohl verständlich ist. Nichtsdestotrotz geben sie bald alles, um den Mörder zu fassen und sind am Erfolg der Mission entscheidend beteiligt.

Was soll ich sagen? Ich habe das Buch verschlungen, fühlte mich Seite für Seite verdammt gut unterhalten und bin nun ernsthaft angefixt. Was eine harmlose kleine Leseprobe doch alles anrichten kann...