Die englische Küche ist weit besser als ihr Ruf

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elke17 Avatar

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„Wer in England anständig speisen will, muss dreimal am Tage frühstücken“, dieses Zitat des bekannten britischen Schriftstellers William Somerset Maugham spukt offenbar noch immer in den Köpfen vieler Reisenden herum, wenn das Gespräch auf die Qualität der englischen Küche kommt. Ich habe auf alle Fälle bei jedem meiner zahlreichen Aufenthalte auf der britischen Insel hervorragend gegessen. Offenbar ist es aber leider noch nicht zu jedem durchgedrungen, dass Großbritannien mit einer Vielzahl innovativer Köche und Food-Journalisten aufwarten kann. Nigel Slater, Gordon Ramsay, Jamie Oliver oder Nigella Lawson, um nur die bekanntesten zu nennen – die Reihe lässt sich endlos fortsetzen.

Auch Diane Henry gehört dazu, Kochbuchautorin und Journalistin mit regelmäßigen Food-Kolumnen in diversen englischen Zeitungen und Magazinen. Mittlerweile gibt es von ihr zehn Kochbücher (leider nur eines, nämlich „Alle meine Hähnchen“, in der deutschen Ausgabe erhältlich), wovon „Simple“ ihr neuestes Werk ist. Bereits der Untertitel zeigt, worum es ihr geht: „Kleiner Aufwand, großer Geschmack“.

Die Aufteilung des Kochbuchs orientiert sich zum einen an der bekannten klassischen Einteilung, wie wir sie aus Kochbüchern kennen, zum anderen aber auch an der Hauptzutat, um die herum die Autorin raffinierte Rezepte, jedoch mit überschaubarem Zeitaufwand zu realisieren, kreiert. Die Zutaten sind (zumindest bei uns, und ich wohne in einer Kleinstadt) ohne besonderen Aufwand erhältlich. Allerdings scheint es, als ob wir einkaufstechnisch in einer privilegierten Situation wären: im Umkreis von 10 Autominuten gibt es einen großen italienischen Supermarkt, diverse türkische Läden, einen Asia-Shop, zwei große Bio-Supermärkte und einige Biobauern. Und selbst Cavolo nero (die Autorin bezeichnet ihn als Palmkohl, ich kenne ihn aus meinem Italien-Urlaub als Schwarzkohl) baut der Demeter-Bauer im Nachbarort an.

Die Rezepte zeigen Einflüsse aus dem mediterranen Bereich, aber auch orientalisch und fernöstlich inspirierte Gerichte sind zu finden. Die Zubereitungen selbst sind überwiegend unaufwendig, auch von Anfängern zu realisieren, und nicht sonderlich zeitraubend, so dass sich auch Berufstätige nach einem Arbeitstag durchaus mit einem leckeren Gericht verwöhnen können. Alternativ dazu kann man das eine oder andere Rezept bereits auch am Vorabend vorbereiten. Die Bebilderung ist angenehm normal und „unstylisch“ und verzichtet auf Deko-Schnickschnack. Das, worum es geht, fängt das Auge des Betrachters ein, nämlich das leckere Resultat. Begeistert hat mich die Haptik des Buches, dieses Gefühl in den Fingern, wenn man es in die Hand nimmt. Wenn ich es beschreiben müsste, würde mir am ehesten das Attribut "Country Cooking" dazu einfallen.

Nach der Leseprobe konnte ich natürlich nicht abwarten und habe die Pappardelle mit Cavolo nero, Chili und Haselnüssen nachgekocht - ein Gedicht! Und gestern gab es die Ofensüßkartoffel mit Chorizo, Champignons und Ei, ein schnelles Gericht, das eine regelrechte Geschmacksexplosion im Mund auslöst. Wenn ich durch die Rezepte schaue, kann ich mich gar nicht entscheiden, was ich als nächstes ausprobieren möchte!

Das Register ist durchdacht. Es gibt zwei Kategorien, zum einen sind die Rezepte alphabetisch gelistet, zum anderen nach Zutaten, was die Suche bzw. die Auswahl ungemein erleichtert.

Wer ein schönes Kochbuch sucht, das frischen Wind in die Küche bringt, kann hier ohne Bedenken zugreifen!