Neue Liebe, neues Leben

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buecherfan.wit Avatar

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Das Schauspielerehepaar Herbie und Candy Aaron ist seit mehr als 40 Jahren zusammen und hat eine sehr glückliche, wenn auch ziemlich unkonventionelle Ehe geführt. Jetzt hat Annie Krebs im Endstadium. Wenn Herbie sich nicht bei ihr im Krankenhaus aufhält, betrinkt er sich in den Bars von New York. Eines Abends lernt er die sehr attraktive Barfrau Olive kennen und fühlt sich trotz des großen Altersunterschieds zu ihr hingezogen. Auch Olive wollte ursprünglich Schauspielerin werden. Annie möchte Olive kennenlernen. Die beiden Frauen kommen sich in einer langen Nacht der Gespräche sehr nahe. Am nächsten Tag, dem letzten ihres Lebens, nutzt Annie ihre beruflichen Kontakte, um Olive den Weg in den Schauspielerberuf zu ebnen, und auch ihr Mann Herbie und die gemeinsame Tochter Candy tragen zum Erfolg dieses Projekts bei. Olive bekommt die Hauptrolle in Tschechows “Onkel Wanja.”
Annies Tod wirft Herbie aus der Bahn. Er fährt nach Myrtle Beach und nimmt nach 15jähriger Unterbrechung das Golfspielen wieder auf. Im Unterricht mit seiner resoluten und lebensklugen Golflehrerin Billie lernt er allerdings mehr über sich selbst als über die Verbesserung seiner ziemlich schlechten Schlagtechnik. Es kommt zu einer ein wenig halbherzigen Beziehung zu Billies geschiedener Schwester Roxanne, während er versucht, Klarheit über seine Gefühle für Olive zu gewinnen. Auch das Verhältnis zur Tochter muss geklärt werden. Candy hat lange Therapien gebraucht, um mit ihren psychischen Problemen fertig zu werden. Obwohl sie liebevoll umsorgt wurde, hat sie sich durch die extreme Fixierung ihrer Eltern aufeinander immer ausgeschlossen gefühlt und ihr Leben lang geglaubt, ihrer großartigen Übermutter nicht das Wasser reichen zu können.
Der Leser von Michael Tuckers gut lesbarem autobiografisch inspiriertem Debütroman begleitet die Protagonisten auf ihrem Weg zur Selbstfindung, vor allem aber bei ihrer Trauerarbeit, denn darum geht es, wie der Originaltitel “After Annie” sehr viel besser ausdrückt als der merkwürdige “deutsche” Titel “So it goes”. Sie müssen nach Annies Tod ihr Leben weiter leben. Vor allem für Herbie ist die größte denkbare Katastrophe eingetreten, die die Eheleute in Gesprächen vorweggenommen hatten: Einer von ihnen wird zurückbleiben.
Tuckers Buch ist ein Roman über Liebe und Tod, über Verlust und Trauer, aber nicht nur. Tucker schreibt keineswegs larmoyant, sondern erfrischend, mit viel Wärme und Humor. Herbie führt häufig amüsante Selbstgespräche. Witzig beschreibt er zum Beispiel seine Enttäuschung, als er in einem Lokal namens Crab Shack seine geliebten Crab Cakes bestellt und ein Gericht serviert bekommt, das diesen Namen nicht verdient: “Konsistenz und Geschmack erinnern ihn an ein altes, vergammeltes Vogelnest.” (S. 133).
Tuckers Roman ist auch deshalb empfehlenswert, weil er einen guten Einblick in das New Yorker Leben und die Welt des Theaters und des Showbusiness verschafft, das der Autor aufgrund seiner eigenen erfolgreichen Karriere als Schauspieler natürlich sehr genau kennt: Er verfasst seinen ersten Roman im Alter von 67 Jahren!