Der dritte Dühnfort

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metalpanda Avatar

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Als ich den neuen Roman von Inge Löhnig sah, atmete ich erleichtert auf, denn der mir bereits aus ihren Vorgängerromanen bekannte und durchaus sympathische Kommissar Dühnfort ist nach seinem vermeintlichen Untergang am Ammersee wortwörtlich wieder aufgetaucht und ermittelt weiter!

Der Münchner Kommissar hat mal wieder einen kniffligen Fall ans Land gezogen. Die Autorin, die mich unter anderem durch ihren sehr kunstvollen Schreibstil mit Vorliebe zur bildhaften Detailbeschreibung beeindruckt, schafft hier in vielerlei Hinsicht eine künstlerische Atmosphäre. Immer wieder werden Szenen von einem Maler eingeschoben, der einem Streichquartett lauscht und sein halbfertiges Ölgemälde betrachtet. Im Haupthandlungsstrang wird das Leben von Vicky erzählt – ein Mädchen von der Straße, die eine Chance im Leben bekommen und diese auch ergriffen hat. Nun macht sie eine Ausbildung in einem Reisebüro und pflegt nebenbei gleich zwei zeitaufwendige Hobbys. Sie engagiert sich ehrenamtlich für ein Kinderheim und sie fotografiert gerne. Keine Alltagsmotive, sondern verlassene Gebäude. Urban Explorer heißt dieser Randbereich der Fotografierkunst, Romantik in halb zerstörten Fabriken und verlassenen Lagerhallen zu erkennen und festzuhalten. In einer alten Brauerei macht Vicky jedoch eine ganz und gar nicht romantische Entdeckung einer geköpften Frauenleiche.

Bei den Ermittlungen stoßen die Kommissare auf einen ähnlichen Mord, der vor einigen Jahren in Düsseldorf passierte. Die Vermutung eines Serienmörders bestätigt sich, als kurz darauf eine weitere Leiche entdeckt wird, die auf die gleiche Weise umgebracht wurde. Diesmal entdeckt zwar nicht Vicky die Leiche, doch auf ihren Brauereibildern macht sie eine Entdeckung, die sie auf eigene Faust recherchieren lässt – immerhin hat sie mit der Polizei in ihrer Vergangenheit keine allzu gute Erfahrungen gemacht. Dabei bringt sie sich jedoch selber in tödliche Gefahr…

Die ersten beiden Vorgängerromane von Inge Löhnig haben mich seinerzeit sehr beeindruckt. Der Schreibstil und der Verlauf der Ermittlungen sind auch in „So unselig schön“ überzeugend. Ganz nebenbei lässt die Autorin viele Hintergrundinformationen einfließen, die später zur Lösung des Falls beitragen, ohne dabei jedoch von der Hauptlinie abzuweichen. In diesem Roman schien mir jedoch – im Gegensatz zu den Vorgängern – der Weg zur Lösung doch etwas zu einfach, zumindest war der wahre Mörder sehr schnell im Kreis der Verdächtigen, aufgrund von fast unglaubwürdig detaillierter Zeugenaussagen. Ob das dem immer besser werdenden Spürsinn von Dühnforts Team zuzuschreiben ist oder sich die Autorin doch allmählich zu sehr in den Nebenhandlungen verirrt, sei dahingestellt.

Was mich jedoch am neuesten Roman zunehmend stört, die Figur Dühnforts wirkt leider langsam „verbraucht“. Täglich holt er sich auf dem Heimweg Fleisch und Gemüse am Viktualienmarkt und genießt das eine oder andere Gläschen Wein auf dem Balkon – mag eine überspitzte Darstellung des tristen Junggesellendaseins wiederspiegeln, wirkt jedoch irgendwann langweilig, wenn er das zum dritten Mal im Roman macht und jeder Abend in allen Einzelheiten beschrieben wird. Auch mit seinem Leben ist Dühnfort noch nicht weiter und weiß nach wie vor nicht, ob er die Agnes (Opfer aus dem ersten Roman) oder seine hübsche italienische Kollegin lieber mag – oder doch weiterhin alleine seine Weingläser auf dem Balkon genießen will. Wenn man den dritten Löhnig-Roman von dieser Perspektive betrachtet, dann wäre es vielleicht doch besser gewesen, die Figur des Kommissars endgültig auf den Abgrund des Ammersees sinken zu lassen…