hat mir richtig gut gefallen

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malo2105 Avatar

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Ostpreußen 1939, das Leben von Dora Twardy als älteste Tochter des Gutshofbesitzer scheint vorgezeichnet. Sie wächst behütet auf den Pferdegestüt ihrer Eltern auf, es mangelt ihr an nichts. Eine Ehe mit Wilhelm von Lengendorff, dem Sohn des Nachbargehöftes, ist so gut wie abgemacht, die beiden lieben sich. Doch dann greift Hitlerdeutschland Polen an und Dora muss schlagartig erwachsen werden. Als ihr Vater eingezogen wird und sich ihr älterer Bruder freiwillig meldet, muss sie die Verantwortung für den Hof, die Familie und die Arbeiter übernehmen. Mit aller Macht kämpft sie um die Erhaltung des Gestütes. Auch Wilhelm muss an die Front und irgendwann bleiben seine Briefe aus. Als Dora bei einem Aufenthalt in Königsberg den abenteuerlustigen Kriegsfotografen Curt von Thorau kennenlernt, fühlt sie sich zu ihn hingezogen.
Mit diesem Roman wird man nach Ostpreußen in die Zeit des zweiten Weltkrieges versetzt, als nach dem Überfall auf Polen zunächst alles wie gewohnt weitergeht. Zwar bekommt man auch dort die Auswirkungen des Krieges zu spüren, die Männer müssen an die Front und werden durch Zwangsarbeiter ersetzt – aber im Großen und Ganzen geht das Leben weiter, der Krieg scheint weit entfernt. Doch mit der Zeit wendet sich das Blatt gegen die Deutschen und die Russen rücken immer näher, bis den Menschen nichts bleibt wie die Flucht – und das mitten im tiefsten Winter.
Als Leser wird man in eine sehr aufregende und interessante Familiengeschichte hineingezogen. Es ist, als ob man alles selbst hautnah miterlebt. Die grandiose Landschaft Ostpreußens sieht, die langen kalten Winter miterlebt und sich freut, wenn im Frühjahr die Störche wiederkommen und alles zu neuen Leben erwacht. Mit viel Gespür und Geschick zeichnet die Autorin ihre Personen und als Leser kann man sich in sie hineinversetzten, ihre Entscheidungen mittragen oder manchmal einfach nur den Kopf schütteln oder mitleiden.
Gerade Dora ist mir dabei ans Herz gewachsen. Man lernt sie als Backfisch kennen, als sich ihre Welt um schöne Kleider, den nächsten Tanz, das nächste Vergnügen dreht. Quasi über Nacht muss sie erwachsen werden, trägt plötzlich eine Menge Verantwortung und muss versuchen, für ihre Familie die besten Entscheidungen zu treffen die eine Menge Mut erfordern. Ihr Schicksal hat mich mitgerissen, mich mitfiebern lassen und auch zu Tränen gerührt. Aber nicht nur Dora kommt einen nahe, auch alle anderen Charaktere sind liebevoll und mit Ecken und Kanten gezeichnet und als Leser kann man sich mühelos in sie hineinversetzten.
Wie die Autorin in ihrem Nachwort schreibt, sind die Erlebnisse ihre Mutter und Großmutter in ihren Roman eingeflossen, was mich sehr bewegt hat.
Überhaupt musste ich das Buch einige Male aus der Hand legen, weil es mir die Tränen in die Augen getrieben hat. Auch wenn ich im Gegensatz zu den Flüchtlingen wusste, was auf sie zukommt, hat es mich bestürzt, dies anhand einiger Schicksal hautnah mitzuerleben. Viel von ihnen haben einfach alles verloren oder sind ums Leben gekommen.
Das Ende lässt vermuten, dass es einen zweiten Band geben wird, auf den ich mich schon jetzt sehr freue.
Ich vergebe für diesen bewegenden Roman sehr gern fünf hochverdiente Sterne.